Eine aktuelle, repräsentative Studie von Kearney und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) stellt ein schlechtes Zeugnis für die Transformation deutscher Unternehmen aus. Über 40 Prozent schätzen dringende Veränderungen ausgelöst durch die Megatrends Digitalisierung, Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Wandel als nicht relevant ein. Andere wiederum wollen zwar, aber sehen sich für Transformationsprozesse von öffentlicher Hand nicht genügend unterstützt. Doch es gibt enorme Unterschiede zwischen den Branchen und Unternehmensgrößen.
Nur jedes zehnte Unternehmen in Deutschland geht die Transformation ambitioniert und erfolgreich an – so die aktuelle Transformationsstudie „Fokus:Future“ der Unternehmensberatung Kearney, die gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) durchgeführt wurde. Während die einen kein Interesse an Weiterentwicklung haben, ist bei anderen die Ambition und der Fortschritt gering, da Ressourcen fehlen und kein großes Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands gesetzt wird. „Insgesamt wird der Transformationsfortschritt hierzulande nur mit der Schulnote ‚ausreichend‘ bewertet, im internationalen Vergleich, vor allem mit China, fällt Deutschland weiter zurück“, erklärt Dr. Marc Lakner, Partner und Managing Director von Kearney DACH. Die meisten Unternehmen verbinden mit den Herausforderungen der Digitalisierung und Nachhaltigkeit durchaus Chancen. Den gesellschaftlichen Wandel mit einer alternden Bevölkerung, flexibleren Arbeitsmodellen und Fachkräftemangel schätzen sie allerdings als Risiko ein, das sie selbst nur schwer beeinflussen können. Laut dem Fokus:Future-Report treiben vor allem der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern, wachsende Anforderungen von Lieferanten und Kunden sowie Aussichten auf Wachstum und neue Märkte die Transformation, allerdings trifft das aktuell vor allem auf Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern zu – kleinere hinken deutlich hinterher. „Die Herausforderung wird sein, die Masse zu mobilisieren und das Mindset der KMUs zu ändern, denn wir sind nur so stark wie das schwächste Glied“, sagt Kearney-DACH-Chef Lakner. An einem Wirtschaftsstandort wie Deutschland hänge der Erfolg großer Konzerne auch an der Transformationsbereitschaft jener mittleren und kleinen Unternehmen, mit denen sie zusammenarbeiten.
Der Staat muss ins Handeln kommen
Um die beunruhigenden Ergebnisse der Studie in Zahlen zu packen, hat Kearney einen Transformationscore entwickelt. Der aktuelle, für das Jahr 2024 ermittelte Durchschnittswert für ganz Deutschland liegt nur bei 0,35 (auf einer Skala von null bis eins). Kein gutes Ergebnis, findet Lakner, aber auch kein aussichtsloses: „Grundsätzlich sind die Unternehmen noch zu zögerlich, sie sehen oft die Notwendigkeit zur Transformation nicht. Was wir jetzt dringend brauchen, ist eine Änderung der Einstellung durch alle Führungsetagen hinweg. Wir brauchen deutlich mehr Transformationslust!“ Denn die Studie zeigt: je höher der Transformationscore, desto erfolgreicher sind die Firmen. Die befragten Unternehmen teilt die Studie dabei in drei Transformationsprofile ein: Leader, Follower und Nachzügler. Während deutschlandweit nur elf Prozent zu den Leadern gehören, bilden die Follower mit 47 Prozent und die Nachzügler mit 43 Prozent die weitaus größere Gruppe. „Leader sind vor allem in Großunternehmen der Tech-, Energie- und Pharma-Industrie zu finden“, so Lakner. Große deutsche Traditionsbranchen wie Automotive und Industrials seien wiederum nicht jene, die den Wandel voranbringen. Interessant ist das zweigeteilte Bild, das die Studie zeigt: Während 40 Prozent der Unternehmen die Transformation als wichtig ansehen, schätzen hingegen 43 Prozent der befragten Unternehmen diese als nicht relevant ein. Darum sieht Lakner eine zentrale Rolle bei der Verbesserung öffentlicher Rahmenbedingungen. Denn die befragten Unternehmen messen etwa der Integration ausländischer Fachkräfte, der Förderung von Fachausbildung und Unternehmertum, effizienteren Genehmigungsverfahren und der Schaffung digitaler Infrastruktur eine sehr hohe Relevanz bei, sind mit dem Status quo aber äußerst unzufrieden. „Der Staat muss ins Handeln kommen, er muss – auch langfristig – neue Klarheit und Vertrauen schaffen, ansonsten wird es nicht möglich sein ‚Made in Germany‘ wieder zu einem Zukunftsversprechen zu machen“, so Transformationsexperte Lakner. Denn empfinden Unternehmen Bereiche als beeinflussbar, sind sie schneller und proaktiver bereit einen Wandel anzustoßen.
Ähnlich sieht dies auch Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des IW: „Die Attraktivität des Industriestandortes erodiert, das zeigen die zunehmenden Abflüsse bei den Direktinvestitionen. Dabei besteht dringender Transformationsbedarf auf allen Ebenen. Unternehmen sollten ambitionierter sein, zugleich muss die Politik die Rahmenbedingungen deutlich verbessern und verlässlich gestalten. Andernfalls wird es schwierig, die sich abzeichnende Deindustrialisierung abzuwenden und die Transformation zu leisten.“
Automotive & Co.: Warum Traditionsbranchen besonders schlecht abschneiden
Blickt man auf den Transformationscore der Studie, wird klar, welche Kluft zwischen den Unternehmen und Branchen herrscht. Besonders transformationsfern zeigt sich die Prozessindustrie, die in der Studie das Schlusslicht unter den analysierten neun Branchen bildet. Nur drei Prozent der Unternehmen gehören hier zu den Transformationsleadern. Gefolgt von Pharma (Rang 8), Industrials (Rang 7) und Automotive (Rang 6). Doch so einfach ist es nicht: In den einzelnen Branchen gibt es enorme Unterschiede zwischen den Unternehmensgrößen. So ist die Pharmaindustrie trotz kritischem Gesamtergebnis einer der Bereiche mit den meisten Transformationsleadern in ihren Reihen. Anders sieht es bei den traditionellen Branchen aus:
„Die Autoindustrie hat sich aus der Schockstarre noch nicht gänzlich befreit. Vor allem die Digitalisierung wird hier besonders stark als Risiko identifiziert. Es herrscht unsicheres Abwarten und wenig proaktives Handeln, auch weil es kein zuverlässiges Rahmenwerk gibt“, sagt Lakner. Gewisse Märkte wie China scheinen bereits abgeschrieben zu sein, jedenfalls seien diese keine Treiber ihrer Transformation.
Transformationsleader sehen Megatrends als Chance
Ein ganz anderes Bild zeigen die Branchen Technologie (Rang 1) und Energie (Rang 2), die in der Studie den Score anführen. Hier sehen besonders viele Unternehmen die Wichtigkeit von Transformation. Dementsprechend viele von ihnen befinden sich unter den Leadern, und denen, die es noch werden wollen. Sie sehen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und großteils auch den gesellschaftlichen Wandel als Chance, anstatt als Risiko.
„Wir haben gesehen, dass es grundsätzlich einen hohen Umsetzungsgrad bei Projekten mit Tech-Bezug gibt, besonders bei Themen rund um Datensicherheit, digitale Infrastrukturen und Geschäftsmodelle“, sagt Lakner. Das müsse sich nun ausweiten auf andere Bereiche und Branchen.
„Die Unternehmen, die bereits über das nötige Mindset verfügen und ambitioniert sind, benötigen eine Art Transformationsbooster. Denn viele haben durchaus schon mit entsprechenden Aktivitäten begonnen, aber noch keine ersten Ergebnisse, was auf ein Umsetzungsproblem schließen lässt.“ Was es braucht, seien mehr Investitionen seitens der Unternehmen und zielgerichtet unterstützende öffentliche Rahmenbedingungen, die Transformation möglich und erfolgreich machen.
Die ganze Studie gibt es hier: www.de.kearney.com/fokus-future
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