Der Anteil des Ökostroms am Bruttostromverbrauch wird nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) in diesem Jahr voraussichtlich einen neuen Höchststand von 54 Prozent erreichen. „Das ist zwar erfreulich“, meint Prof. Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer beim en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie, „was die Zahlen jedoch nicht besagen: Strom deckt derzeit lediglich rund 20 Prozent des Endenergiebedarfs in Deutschland ab. Den großen Rest tragen Moleküle bei, vor allem Öl und Gas zur Kraft- und Brennstoffversorgung. Auch für diese Energieträger brauchen wir klimaschonende Alternativen.“
Um die Energiewende zum Erfolg zu führen, reicht eine Stromwende allein nicht aus. „Zwar werden wir künftig eine verstärkte Elektrifizierung erleben, zum Beispiel durch den Einsatz von Wärmepumpen in Gebäuden und elektrischer Antriebe in der Mobilität. Dennoch wird der Bedarf an molekülbasierten Energieträgern und Rohstoffen weiterhin groß bleiben“, berichtet Küchen. Dass zeige zum Beispiel der Blick in Länder, die Deutschland in dieser Entwicklung schon deutlich voraus sind, wie etwa Schweden. Auch dort werden noch immer weit über 60 Prozent des Bedarfs durch Moleküle gedeckt. In vielen Bereichen gebe es zu flüssigen und gasförmigen Energieträgern bzw. Rohstoffen auch gar keine Alternativen, so etwa im Flugverkehr, der Seeschifffahrt und der Chemieindustrie. „Wir werden dort auch weiterhin Kohlenwasserstoffe benötigen, brauchen dafür aber Alternativen zu fossilem Öl und Gas. Im Rahmen einer Molekülwende müssen darum kohlenstoffarmer und CO2-neutral hergestellter Wasserstoff sowie synthetische und nachhaltige biogene Energieträger und Produkte in den Fokus der Politik rücken.“
Solche alternativen Moleküle stünden dabei nicht in Konkurrenz zum Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und einer sinnvollen Elektrifizierung. Es gehe vielmehr darum, ergänzend fossile Energieträger und Rohstoffe dort zu ersetzen, wo rein elektrische Antriebe oder Prozesse technisch an ihre Grenzen stoßen oder wirtschaftlich nicht sinnvoll sind. „Darüber hinaus werden gerade flüssige Energieträger wegen ihrer Flexibilität zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit auch im Krisenfall benötigt“, so Küchen. Die große Herausforderung bestehe nun darin, die für die Molekülwende notwendigen Investitionsmaßnahmen auszulösen. „Hier mangelt es in Deutschland und Europa immer noch an einem geeigneten Gesamtkonzept aus den verschiedensten Regulierungen von Quoten über CO2-Bepreisung bis zur Energiebesteuerung, und bei neuen Technologien auch an Konzepten zur Reduzierung von Risiken. Es gibt einen dringenden Handlungsbedarf für die nächste Bundesregierung. Jede Regulierung muss sich künftig daran messen lassen, ob sie die gewünschten privaten Investitionen in den Klimaschutz auslöst – bei Unternehmen wie in privaten Haushalten.“
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