Jahresverlust bei adidas für das Geschäftsjahr 2023 – zum ersten Mal seit über 30 Jahren! Mit 125 Mio. EUR aus Rücklagen will das Unternehmen aber dennoch 0,70 EUR Dividende pro Aktie ausschütten. Das kritisieren der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, die Kampagne für Saubere Kleidung (CCC DE) und Shareholders for Change. Sie fordern, mit einem größeren Teil des Bilanzgewinns oder mit Rücklagen umfassende Maßnahmen zur Beseitigung struktureller Probleme in der Lieferkette von adidas zu finanzieren, statt – im Vergleich zu den Ergebnissen von 2020 und 2021 – zu hohe Dividenden auszuschütten.
Lohndiebstahl in der Lieferkette der Adidas AG
In der Covid-19-Pandemie stiegen die von Arbeiter*innen gemeldeten Fälle von Lohndiebstahl, Verweigerung von gesetzlich vorgeschriebenen Abfindungen und Sozialleistungen sowie Verletzungen von Gewerkschaftsrechten in der adidas-Zulieferkette dramatisch an. Seit vier Jahren fordern 500 kambodschanische Beschäftigte der Hulu Garments Fabrik weiterhin die Zahlung von über 1 Million US-Dollar an Abfindungen, die ihnen bei Entlassung gesetzlich zustehen würden. Stattdessen seien sie betrogen worden, denn sie hätten nicht freiwillig gekündigt, wie die Fabrikleitung behauptet. Sithyneth Ry, der Präsident der Indipendent Trade Union Federation (INTUFE), die die Arbeiter*innen vertritt, wird das Thema während der Aktionärsversammlung direkt bei den adidas-Investoren ansprechen. Er zeigt sich enttäuscht gegenüber adidas und erklärt: „Die Arbeiter*innen wurden mitten in einer Pandemie arbeitslos und ohne Abfindung zurückgelassen. Sie waren jahrelang mit niedrigen Löhnen ausgekommen und hatten keine Puffer, auf die sie zurückgreifen konnten. Diese plötzliche Arbeitslosigkeit ohne Abfindung bedeutete, dass sie ihre Familie nicht mehr ernähren konnten, Kredite aufnehmen oder ihr Hab und Gut verkaufen mussten.“
Strukturelle Probleme erfordern systemische Lösungen
Angesichts des Ausmaßes dieser arbeitsrechtlichen Verstöße in der globalen adidas-Lieferkette und der Erwartung, dass im Zuge der Klimakrise u.a. Überschwemmungen und Hitzewellen zu unvermeidbaren Fabrikschließungen führen werden, wird deutlich, dass eine systemische Lösung der Modemarke erforderlich ist. Das verbindliche Abkommen „Pay Your Workers – Respect Labour Rights“ (PYW-RLR), das von Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen ins Leben gerufen wurde, bietet einen solchen strukturellen Ansatz zum Schutz der Grundrechte der Arbeitnehmenden.
„Adidas gibt den Aktionären um jeden Preis den Vorrang, auch wenn es kein Geld hat, um sie zu belohnen, während das dringend benötigte Geld für die Zahlung fairer Löhne und Abfindungen an die Arbeitnehmer offenbar immer fehlt“, sagt Mauro Meggiolaro, Koordinator von Shareholders for Change, einem Netzwerk europäischer nachhaltiger Investoren mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 35 Mrd. EUR. „Wir fordern adidas auf, die PYW-RLR-Vereinbarung zu unterzeichnen und Rückstellungen zu bilden, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können. Dies wäre ein wirksamer Beitrag, um das Recht der Bekleidungsarbeiterinnen und -arbeiter auf Abfindungen und ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen auch in unsicheren Zeiten zu schützen.“
Präventive Maßnahmen statt rein reaktiver Risikoanalysen
Gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist adidas verpflichtet, geeignete Präventiv- und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um das Risiko von Menschenrechtsverletzungen in der Beschaffungskette zu verringern. Eine rein reaktive Risikoanalyse zu einem Zeitpunkt durchzuführen, an dem es bereits zu spät ist, um angemessen zu reagieren, wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Für Adidas ist die PYW-RLR-Vereinbarung daher eine kosteneffiziente Lösung, um Risiken zu mindern, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten und kritische Aspekte des Lieferkettenmanagements systematisch und umfassend zu berücksichtigen.
Pressekontakt:
Artemisa Ljarja
Eilaktionskoordinatorin der Kampagne für Saubere Kleidung e.V.,
eilaktionen@saubere-kleidung.de, Mobil-Tel. +491788233079
Markus Dufner
Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
Mobil-Tel. 0173 713 52 37
dachverband@kritischeaktionaere.de
Mauro Meggiolaro,
Koordinator SfC – Shareholders for Change,
info@shareholdersforchange.eu