Der Wählerwille ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron offensichtlich egal. Obwohl sein Lager bei den Parlamentswahlen vom 7. Juli der größte Verlierer war, bleibt mit Yaël Braun-Pivet eine Macronistin Parlamentspräsidentin. Dafür reichte eine relative Mehrheit im dritten Wahlgang. Der relative Wahlsieger, die linke Neue Volksfront (NFP), ging leer aus und sieht sich zu Recht veräppelt. Macron machte mit der NFP beim republikanischen Pakt gegen das rechtsextreme Rassemblement National (RN) gemeinsame Sache, um sie jetzt schnöde spalten und ausbooten zu wollen.
Macrons Ziel ist es, unter eigener Führung ein Regierungsbündnis von den Konservativen bis zur sozialdemokratischen Linken aus der NFP zu schmieden – die linke La France insoumise soll draußen bleiben. Rechnerisch könnte ein solches Bündnis für die absolute Mehrheit von 289 Sitzen reichen. Aber der Preis wäre hoch: Seit 1877 wurde stets ein Ministerpräsident aus der stärksten Fraktion berufen, das ist die NFP, die mit ihrer Uneinigkeit Macron in die Hände spielt.
Unterm Strich stärkt Macron mit seinen Machtspielen das rechtsextreme RN, das ihm ohnehin wirtschaftspolitisch weit näher steht als die NFP. Um das RN, das seit Jahren an Fahrt gewinnt, nicht nur dank Mehrheitswahlrecht zu schlagen, sondern zurückzudrängen, müsste in Frankreich soziale Ungleichheit zum politischen Oberthema werden statt der Spaltung zwischen Stadt und Land, auf die das RN erfolgreich gesetzt hat. Mit Macron ist das nicht zu erwarten. Marine Le Pen könnte leider mit ihrer Prognose recht behalten: „Unser Sieg hat sich nur verzögert.“
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