Die Bilder der Wiederwahl Ursula von der Leyens zur EU-Kommissionspräsidentin sind fast identisch mit denen von 2019: derselbe erleichtert-strahlende Gesichtsausdruck. Dabei ging es vor fünf Jahren deutlich enger zu. Diesmal war die Frage, ob das ad hoc geschmiedete Bündnis von Konservativen, (Wirtschafts-)Liberalen und Sozialdemokraten, unterstützt von einigen willfährigen Grünen, hält. Dies war der Fall – die Wahlerfolge des rechten Rands schlossen die Reihen rund um das, was als politische Mitte gilt. Und die Ankündigung, den ungarischen Ratspräsidenten Viktor Orbán teilweise auszubooten, dürfte mitgeholfen haben.
Ob das Wahlzweckbündnis dauerhaft die Politik bestimmen wird, bleibt abzuwarten. In von der Leyens Rede war für alle etwas dabei, im politischen Alltag werden die Differenzen aber schnell zu spüren sein. Wird etwa die längst versprochene Klimasozialpolitik Gestalt annehmen – oder der industriefreundliche Kurs noch verschärft? Und wird die CDU-Politikerin zur Mehrheitsbeschaffung nicht doch immer mal am rechten Rand hausieren gehen? Der weitere Ausbau von Frontex und die Ausweitung des Abschiebungsregimes könnten da ein Fingerzeig sein.
Letztlich dürfte von der Leyen vor allem ihr konservatives Programm umsetzen wollen, wenngleich in kleinen Schritten. Die Zeit ist vorbei, als sie Großprojekte ankündigte und in bester Selbstvermarktung mit der Mondlandung verglich. Kommen werden jetzt ein bisschen „more of the same“ hier und Beschränkung allzu forscher Vorgaben wie beim Verbrennerverbot da.
Die Kommissionschefin geht gestärkt in ihre zweite Amtsperiode. Einen progressiven, sozial-ökologischen Politikwechsel wird es daher nicht geben. Bis auf Weiteres wartet die alte Leyen-Leier.
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