Es war ein schneller, brutaler Sieg, der den Traum von Kamala Harris binnen Stunden platzen ließ. Nicht die erste schwarze Frau, sondern erneut der Milliardär Donald Trump wird am 20. Januar in Washington vereidigt und dann ins Weiße Haus einziehen. Der verurteilte Straftäter siegt über die ehemalige Generalstaatsanwältin – das ist eine Pointe, die es vielleicht nur in Amerika geben kann.
Es war Kamala Harris, der die Herzen aus der deutschen Politik zugeflogen sind, jetzt muss man in der Hauptstadt schnell die Kurve kriegen. Berlin muss auch mit Donald Trump zusammenarbeiten und darf sich nicht von persönlichen Animositäten leiten lassen. Manche frühe Einlassung zu Trump aus dem Regierungslager klingt im Nachhinein sehr unklug, wenn man bedenkt, dass auch seine härtesten Kritiker in Washington bald um Termine und das Ohr des Präsidenten bitten.
Die Wahl Trumps ist zu respektieren, aber das bedeutet auch, die eigene Position glasklar zu formulieren. Deutschland muss seine Interessen besonders bei diesem Präsidenten, der sich als „Dealmaker“ sieht, klar herausstellen und darf dabei nicht zimperlich sein. Schließlich teilt niemand härter aus als Donald Trump.
Die Kampagne des Wahlsiegers hat gezeigt, wo die Schmerzpunkte im Verhältnis zur neuen Administration liegen werden. Trumps Strafzölle sind Gift für unsere Exportwirtschaft. Ein Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine stärkt Kremlchef Wladimir Putin und kann die Sicherheitstektonik 1000 Kilometer vor unserer Grenze dramatisch ändern. Verliert die Ukraine den Krieg, ist Europa unsicherer, Putins Expansionsappetit angeregt und weitere Millionen Flüchtlinge stehen vor unserer Tür.
Bleibt Trump in China bei seinem aggressiven Kurs, droht eine militärische Eskalation im Streit um Taiwan. Das wäre eine Niederlage für unsere Zivilisation und eine Katastrophe für die deutsche Wirtschaft, bei der China schon lange ganz oben auf der Kundenliste steht.In Nahost bekommt Benjamin Netanjahu ab Januar freie Hand, was keine gute Nachricht für die Palästinenser ist. Entsprechend euphorisch waren die Glückwünsche aus Jerusalem.
Bleibt die Frage, was hat eigentlich Kamala Harris falschgemacht? Hat sie zu wenig auf die wichtigen Wirtschaftsthemen gesetzt, oder einfach zu wenig Profil gezeigt? Ihre Kampagne war den einfachen Botschaften Trumps nicht gewachsen und hatte kaum Zeit, Wirkung zu entfalten. Und man darf nicht vergessen: Harris wurde nicht Kandidatin für das mächtigste Amt der Welt, weil sie eine herausragende Vizepräsidentin war. Sie trat an, weil der Amtsinhaber Joe Biden mit seinen 81 Jahren den Demokraten schon zu tüdelig war und Treppen hinabstürzte oder auf Veranstaltungen längst verstorbene Freunde grüßte.
Die Harris-Kandidatur wird noch Heerscharen von Politikwissenschaftlern beschäftigen und akribisch seziert werden. Aber vielleicht kommen sie am Ende nur zu dem einfachen, aber bitteren Schluss: Amerika – mit seinem seltsamen Wahlrecht – ist noch nicht bereit für eine Präsidentin. Schon die kluge Hillary Clinton scheiterte mit ihrer Kandidatur am schlichten Trump. Erste Analysen zum Wahlverhalten der Männer – über alle Ethnien hinweg – legen diesen traurigen Schluss jedenfalls nahe.
Fest steht nach diesem irren Wahltag in Amerika jedenfalls: Es wird anstrengend mit dem alten Verbündeten und die Gewissheit, Amerika wird’s schon richten wenn Europa versagt, ist endgültig Geschichte.
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