Die Toten in Gaza haben keine Gesichter und keine Namen. Es sind zu viele geworden, um sie fassen zu können. In der Medienöffentlichkeit werden sie zu blanken Zahlen. Das macht es beiden Seiten in diesem Krieg leicht, diese Zahlen für sich zu nutzen: Für die einen sind sie dann allesamt wehrlose Kinder und Frauen. Für die anderen sind es zum Großteil kaltblütige Terroristen – und ihr Tod wird als notwendiger Akt zum Schutz der israelischen Zivilbevölkerung dargestellt.
Beides ist unwahr und verzerrt. Man kann annehmen, dass unter denen, die sich in den UN-finanzierten Schulgebäuden in Gaza vor den israelischen Luftangriffen schützten, um dann selbst einem Luftangriff auf eben jene Schulen zum Opfer zu fallen, auch Hamas-Leute waren. Davon gibt es in Gaza aber viele, und es macht sie noch nicht zwangsläufig zu Terroristen. Vielleicht haben einige von ihnen tatsächlich mitgeholfen, Anschläge auf Israel zu planen. Wie viele unschuldige Zivile sollen aber mit dem Leben dafür bezahlen, dass ein paar Terroristen aus dem Verkehr gezogen werden? Und um wie viel sicherer macht es die künftigen Generationen in Israel tatsächlich? Wie viel Sterben ist vertretbar, um Mörder zu verfolgen? Diese Fragen werden auch nach elf Monaten Krieg in Gaza zu wenig gestellt. Bericht Seite 4
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