Von Lothar Leuschen
Damit kein Missverständnis aufkommt: Die deutsche Nationalmannschaft hat ihr Achtelfinale im Turnier um die Fußball-Europameisterschaft gegen Dänemark zu Recht gewonnen. Dieser Sport fragt zwar nicht nach verdient oder nicht verdient, weil am Ende nur die Frage zählt, wer mehr Tore erzielt hat. Aber das 2:0 im denkwürdigen Klimawandelspiel von Dortmund ist das Ergebnis einer sehr guten Leistung gegen eben nur gute Dänen.
Dennoch wird dieser Erfolg nicht als Ergebnis eines normalen Spieles über 90 Minuten in die Annalen des Fußballs eingehen. Auch der für hiesige Breiten höchst ungewöhnliche Niederschlag ist bald von den Geschehnissen des Alltags absorbiert. Nicht jedoch der Videoschiedsrichter (VAR). Er hat sich in den Mittelpunkt geurteilt. Und er lag dabei nicht einmal falsch. Alles richtig gemacht, alles richtig entschieden. Kein Sponsor, kein Geschäftsführer kann sich beschweren. Der Justitia des Sports ist Genüge getan. Dem Sport allerdings nicht.
Was technisch möglich ist, wird gemacht. Sonst wäre der Mensch nie auf dem Mond gelandet. Während es bei derlei Operationen aber im wahrsten Sinne auch um Leben und Tod geht, dreht sich auf dem grünen Rasen alles nur darum, dass der Ball ins Tor muss. Die Werkzeuge dafür sind Beine und Köpfe von Menschen. Menschen machen Fehler – mit dem Ball am Fuß und auch mit der Pfeife im Mund. Das macht den Reiz des Spiels aus. Es lebt davon, dass eben nicht alles immer fehlerlos abläuft. Das gilt für Spieler wie für Schiedsrichter. Fußball ist nicht berechenbar. Weil der Mensch Fehler macht, weil Fußball nicht berechenbar und gerade deshalb so faszinierend ist, hat der Videoassistent auch in Dortmund trotz seiner Akkuratesse keinen befriedigenden Auftritt gehabt. Es ist vielen Fußballfreunden überall auf der Welt längst ein Dorn im Auge, dass erst ein Computer dazu befragt werden muss, ob die Fans über ein Tor jubeln dürfen. Und viel zu oft endet der Jubel in Ärger und Enttäuschung. So wird das schönste Spiel der Welt um seine Seele gebracht.
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