Der Kölner Straf- und Völkerrechtler Clauß Kreß hat die USA und Großbritannien eindringlich zur Abkehr von doppelten Standards bei der Verfolgung staatlicher Verbrechen aufgerufen. „In Fensterreden halten auch die USA und Großbritannien das Völkerstrafrecht hoch“, sagte Kreß der Kölnischen Rundschau (Samstagausgabe). „Aber wenn es weh zu tun droht, sprechen die Taten leider nicht selten eine andere Sprache.“ Ausdrücklich stellte sich Kreß hinter die Forderung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu ändern: „Damit künftige Putins wissen, dass ihnen ein Verfahren vor diesem – ständigen – Strafgerichtshof droht.“ Bisher ist der Gerichtshof nur in engen Schranken in der Lage, das Verbrechen der Aggression zu verfolgen.
Im Gaza-Krieg hat der Druck des Gerichtshofs auf Israel nach Kreß´ Auffassung vermutlich gewirkt. Das zeige sich an der Entwicklung der Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Der Haftbefehl gegen Kremlchef Wladimir Putin habe „eine sehr hohe symbolische Bedeutung für die internationalen Beziehungen“, aber auch ganz praktische Folgen für Putin: „In die Mongolei konnte er reisen, nach Südafrika nicht.“ Auch die „hysterische Reaktion“ des früheren US-Präsidenten Donald Trump auf Ermittlungen des Gerichtshofs zeige, wie unangenehm sie für sein Land gewesen seien.
An der Universität zu Köln wird mit Kreß‘ Beteiligung am Montag ein Zentrum für Internationale Geschichte und Völkerrecht mit einer Veranstaltung eröffnet, die sich dem Problem der doppelten Standards widmet. „Der Westen muss einsehen: Wenn wir – und das wäre auch in unserem eigenen Interesse – die völkerrechtliche Ordnung wahren wollen, dann müssen wir weg von Doppelstandards“, sagte Kreß.
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