Der Schauspieler hat sich aber mit seiner Glatze arrangiert – Depressionen als Jugendlicher – Dem Pflegebruder den Tod gewünscht
Osnabrück. Joe Bausch (71), Schauspieler, Arzt und Autor, könnte sich gut vorstellen, statt seiner Glatze noch einmal eine richtige Frisur zu tragen: „Wenn ich mir heute noch mal eine aussuchen dürfte, dann die kurz nach der Bundeswehr,“ sagte er im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). Damals seien seine Haare nicht mehr ganz so lang wie früher gewesen – „aber es war noch was da und auch noch nicht so dünn. Es sah noch ein bisschen wild und verwegen aus. Ich sah bis zur Bundeswehr ja so aus wie Ian Anderson von Jethro Tull, aber das würde ich heute nicht mehr wollen.“
Mit der Glatze hat Bausch längst seinen Frieden gemacht: „Ich bin ja gestartet als rothaariges Kind, dann wollte mein Vater sie mir am liebsten nachts abschneiden, als sie über schulterlang waren. Aber das hat er sich nicht getraut, ich war da ja schon über 18. Die Mädels fanden’s zwar gut, aber dann kam die Bundeswehr. Ich hatte keinen Bock auf ein Haarnetz, deshalb kamen sie ab. Und dann fingen sie an, dünner zu werden – deshalb ist es gut, dass sie jetzt weg sind. Ich habe sie nicht vermisst.“
Bausch erinnerte sich an den auch in seinem Buch „Verrücktes Blut“ beschriebenen Missbrauch durch seinen älteren Pflegebruder und die Auswirkungen auf sein Gemüt: „Am längsten habe ich mich schlecht damit gefühlt, dass ich mir mal gewünscht habe, dass er stirbt. Das hat mich mehr beschäftigt als der Missbrauch durch meinen Pflegebruder. Er hatte sich das Leben nehmen wollen, Rattengift geschluckt, ihm wurde der Magen ausgepumpt und ich stand da und guckte mir das in einer
unnachgiebigen, vielleicht auch kindlichen Härte an und dachte: Okay, das wäre jetzt doch die Lösung. Das war schon heftig. Davor und danach habe ich nie wieder so etwas empfunden oder den Tod von jemandem auch nur billigend in Kauf genommen.“
Wenige Jahre später habe er dann zum ersten Mal unter Depressionen gelitten, sagte Bausch: „Ich war etwa 15 und mochte mich nicht, hab‘ alles an mir gehasst, hatte kein Selbstbewusstsein, ich fand mich hässlich und auch nicht liebenswürdig. Dann habe ich Gottfried Benn für mich entdeckt und seine Gedichte aus dem Leichenschauhaus gelesen, als seien sie die Offenbarung. Ich hab‘ angefangen, Bilder von mir zu zerstören, hab sie an die Wand geheftet und mit dem Kleinkalibergewehr drauf geschossen. Das war meine Lieblingsbeschäftigung.“ Deshalb könne er bis heute nachvollziehen, „wie sich jemand fühlt, der nichts für erstrebenswert hält, was noch vor ihm liegt“.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207