Endlich. Da muss schon der Nato-Generalsekretär, der Niederländer Mark Rutte, aktiv werden, um die großen europäischen Verbündeten daran zu erinnern, dass sie in einem Boot sitzen. Jetzt werden sie kommende Woche gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über die Lage in seinem Land beraten – endlich, wie gesagt.
Denn das Bild, das die Europäer zuletzt geboten hatten, war so konfus, dass allein Kremlchef Wladimir Putin und seine Helfer daran Gefallen finden konnten. Da lädt Bundeskanzler Olaf Scholz den französischen Präsidenten und den britischen Premier zur Runde mit seinem US-Gast Joe Biden ein, ignoriert aber Polen, das beim westlichen Engagement für die Ukraine eine Schlüsselrolle spielt. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beraten über Soldaten auf ukrainischem Boden – ohne Scholz. Der fährt nach seinem unglücklich inszenierten Telefonat mit Putin zu Selenskyj nach Kiew, versäumt es aber, in Warschau vorbeizusehen.
Westliche Staaten ermutigen den Aggressor
Vor allem die Regierungen in Berlin und Warschau demonstrieren also Funkstille, während vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump erratische Äußerungen kommen. Ist dem Mann eigentlich klar, was es bedeutet, wenn er für seine Äußerungen über den angeblichen Fehler Bidens, den Einsatz weitreichender Waffen gegen russische Ziele freizugeben, Beifall aus Moskau erhält? Richtig, er ermutigt den Aggressor, und das europäische Durcheinander tut das auch.
Dabei hätte Putin Anlass, nach einem Weg aus dem Krieg zu suchen. Der Zusammenbruch des mit ihm verbündeten Assad-Regimes in Syrien hat ihm seine Grenzen gezeigt. Die Verluste, mit denen Russland das Vorrücken bei Pokrowsk erkauft, sind extrem hoch, seine wirtschaftlichen Daten kritisch. In der russischen Zeitung „Kommersant“ wurden Sprachregelungen publik, mit denen Putins Leute ein Kriegsergebnis, das weit hinter den erklärten Zielen zurückbliebe, als Sieg verkaufen könnten.
Nur weiter so, möchte man sagen – aber um Putin zu ernsthaften Verhandlungen zu bewegen, müssen wenigstens die europäischen Nato-Partner Geschlossenheit zeigen. Nur dann gibt es auch eine Chance, beim schwierigsten Kapitel einer Waffenstillstandsregelung – nämlich den Sicherheitsgarantien für Kiew – weiterzukommen. Die setzen ja voraus, dass die Garantiemächte ins Risto gehen. Das funktioniert, wenn überhaupt, nur im dichten Schulterschluss.
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