Umfassender Rechtsschutz, beschleunigte Verfahren, Erstattung von Verfahrenskosten und Beratungsangebote für Betroffene: Das fordert neue Studie über SLAPPs in Deutschland.
Die Otto Brenner Stiftung veröffentlicht heute gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), dem Umweltinstitut München e.V. und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten Union (dju) in ver.di eine Studie zu rechtsmissbräuchlichen, strategischen Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPPs).
Mit SLAPPs sollen Kritiker*innen eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden, indem ihre finanziellen und zeitlichen Ressourcen erschöpft und sie so psychologisch zermürbt werden. Betroffen sind zum Beispiel zivilgesellschaftliche Organisationen, Aktivist*innen und Journalist*innen. Durch Klagen, Abmahnungen und andere juristische Mittel sollen unliebsame Stimmen aus dem demokratischen Diskurs verdrängt werden.
Die Autorin der Studie, Prof. Dr. Stefanie Egidy, analysiert erstmals systematisch das Vorkommen und die Folgen solcher rechtsmissbräuchlichen Klagen in Deutschland. Ziel der Studie ist, das Bewusstsein für SLAPPs zu schärfen und gesetzgeberische Maßnahmen zum Schutz Betroffener vorzuschlagen. Dazu sagt Studienautorin Egidy (Universität Mannheim): „Wer sich öffentlich beteiligt, bedarf eines besonderen Schutzes. Der Gesetzgeber ist gefordert, effektive Regeln gegen SLAPPs zu schaffen.“
Besonders interessant sind die Ergebnisse der Studie vor dem Hintergrund der sogenannten Anti-SLAPP-Richtlinie der EU. Diese muss Deutschland bis zum 7. Mai 2026 in nationales Recht umsetzen. Die Studie zeigt, wie die Implementierung der EU-Richtlinie für die Zivilgesellschaft zur Chance für einen wirksamen Schutz vor SLAPPs werden kann.
Joschka Selinger, Rechtsanwalt bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V.: „Unsere Studie zeigt erstmals, wie verbreitet SLAPP-Klagen in Deutschland sind – und wie stark sie Betroffene belasten. Eine lebendige Zivilgesellschaft ist die Grundlage unserer Demokratie. In unserer Arbeit sehen wir, dass es zunehmend rechtsextreme Akteure sind, die das Recht missbrauchen, um Kritik zu unterdrücken. Damit bedrohen sie nicht nur Einzelpersonen, sondern den öffentlichen Diskurs insgesamt. Wir brauchen effektive Schutzmaßnahmen, damit das Recht nicht als Waffe gegen die Demokratie missbraucht werden kann.“
Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di): „Wie unsere Studie zeigt, sind in Deutschland besonders Journalist*innen von SLAPPs betroffen. Diverse Akteur*innen nutzen mit juristischen Einschüchterungsversuchen systematisch die strukturelle Schwäche freier Journalist*innen oder solcher ohne großes Medienhaus im Rücken sowie die sinkenden Rechtsschutzbudgets in den Verlagen und Sendern aus. Unser demokratischer Diskurs ist auf unabhängigen, kritischen Journalismus angewiesen. Um ihn gegen Rechtsmissbrauch durch SLAPPs zu stärken, muss die Politik jetzt handeln.“
Veronika Feicht, Umweltinstitut München. „Nicht nur die parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion mit 551 Fragen zu Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zeigt: Das Klima gegenüber zivilgesellschaftlichem Engagement wird zunehmend feindseliger. Wir müssen mit immer mehr SLAPPs gegen NGOs rechnen. Wir brauchen Gesetze, die die Zivilgesellschaft wirksam vor SLAPPs schützen. Wie das genau aussehen kann – dafür unterbreitet unsere Studie handfeste Vorschläge.“
Stefanie Egidy: Einschüchterung ist das Ziel – Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPPs) in Deutschland, OBS-Arbeitspapier 77, Frankfurt am Main, März 2025.
Die Studie und weitere Informationen zum Thema SLAPPs finden Sie hier:
https://www.otto-brenner-stiftung.de/einschuechterung-ist-das-ziel
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