Anlässlich der gestrigen Anhörung des Gesetzes zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit kritisiert Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, die unzureichende Finanzierung des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) und die schwache Umsetzung des Health-in-all-Policies-Ansatzes.
„Vier von zehn Todesfällen in Deutschland sind auf die Risikofaktoren Tabak, Alkohol, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel zurückzuführen. Ein großer Teil der Krankheitslast wäre durch eine kluge Präventionspolitik eigentlich vermeidbar. Eigentlich. Denn Deutschland gehört leider international zu den Schlusslichtern bei der Schaffung von gesundheitsförderlichen Lebensbedingungen und liegt bei der Lebenserwartung in Westeuropa auf den hinteren Plätzen. Und das, obwohl die Gesundheitsausgaben pro Kopf hierzulande die höchsten in der EU sind.
Wesentlicher Grund für dieses Missverhältnis sind Versäumnisse in der Prävention im Sinne des Health-in-all-Policies-Ansatzes – also der Berücksichtigung von Gesundheit in allen Politikfeldern, zur Ermöglichung gesundheitsförderlicher Lebensbedingungen. Wir benötigen Rahmenbedingungen, die ein gesundheitsförderliches Verhalten unterstützen. „Make the healthy choice the easy choice“, muss die Devise werden. Die größten Hebel dafür liegen außerhalb des Gesundheitswesens. Diese Hebel werden aber nur unzureichend genutzt, was sich u. a. an der Ernährungs-, Mobilitäts- sowie der Suchtpolitik zeigt.
Das Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit und die Schaffung des Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) wäre eine Möglichkeit gewesen, eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik als neues Leitbild zu etablieren. Leider wurde diese Chance vertan. So wurde die Verankerung des Health-in-all-Policies-Ansatzes inzwischen an mehreren Stellen abgeschwächt oder entfernt und aktuell geht es leider mehr um fachfremde Änderungsanträge, als um eine sinnvolle Debatte zur Umsetzung einer politischen Gesamtstrategie für gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen.
Auch die finanziellen Mittel für das BIPAM wurden zuletzt drastisch eingekürzt. Die rechtlichen Kompetenzen des Instituts für die Gestaltung einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik waren ohnehin schon knapp bemessen, nun sind es auch die zur Verfügung stehenden Gelder. Besonders bedauerlich ist, dass kein ausreichendes Budget für die Fortsetzung der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) vorgesehen ist. Die vorhandenen Daten sind mittlerweile veraltet und müssen neu erhoben werden.
Das alles sind keine guten Vorzeichen für den dringend benötigten Kurswechsel. Statt einer Unterstützung der Menschen zur Gesunderhaltung durch Primärprävention sehe ich mit Sorge, dass sich die politische Tendenz fortzusetzen scheint, die Entstehung von Krankheiten in Kauf zu nehmen und sie dann zu behandeln. Das ist angesichts des demografischen Wandels keine zukunftsfähige Strategie.“
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