„Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ So steht es in §1 im deutschen Tierschutzgesetz. Nun liegt dem Bundestag der Entwurf für eine Gesetzesnovellierung vor, durch die nachtaktive Wirbeltiere vor Verletzungen und Tod durch Mähroboter besser geschützt werden sollen. Allerdings: Der Entwurf weicht den Grundsatz im Tierschutzgesetz eher auf anstatt ihn zu unterstützen.
Denn laut Gesetzesvorlage bliebe das automatisierte Stutzen des Rasens bei Einbruch der Dämmerung und in der Nacht grundsätzlich erlaubt. Einzige Bedingung: Es müssten Maßnahmen getroffen werden, um nachtaktiven Tieren dabei keine „erheblichen“ Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen (den genauen Wortlaut lesen Sie hier: https://dserver.bundestag.de/btd/20/127/2012719.pdf).
Aber wie soll das gehen? Mähroboter arbeiten autonom und mähen mitunter bis unter die Gartenhecken. Gerade hier befinden sich die Verstecke von kleinen Wildtieren wie dem Tier des Jahres 2024, dem Igel. Noch sind keine technischen Geräte auf dem Markt, die garantiert vor jedem Lebewesen rechtzeitig stoppen. „Schon kleine Hautverletzungen enden bei Igeln häufig tödlich – die Wunde entzündet sich und der Igel stirbt so erst viel später an diesen Folgen“, sagt Dr. Anne Berger, die am Institut für Zoo- und Wildtierforschung zu Igeln forscht. Erst Anfang 2024 ist ihre Studie zu Schnittverletzungen von Igeln durch Mähroboter erschienen: Fast die Hälfte aller in Wildtier-Auffangstationen gebrachten Igel starben an den Folgen ihrer Verletzungen. Auch vermeintlich harmlose Schnittwunden können beim Igel zu erheblichen Schäden und letztendlich sogar zum Tod führen
Die Dunkelziffer der verendeten Tiere in Gebüschen dürfte hoch sein. Die Zahl der Un- und Todesfälle bei Igeln stieg in den letzten Jahren rasant an – parallel zum Anstieg der Verkaufszahlen von Mährobotern. „Darum ist eine strenge Regulierung des Einsatzes von Mährobotern während der Dämmerung und der Nacht aus Tierschutz-, aber auch aus Artenschutzsicht dringend erforderlich“, sagt Dr. Sophie Lokatis, Artenschützerin der Deutschen Wildtier Stiftung. „Wir fordern, den nächtlichen Einsatz von Mährobotern in Gärten grundsätzlich zu untersagen, solange es keine zufriedenstellende technische Lösung gibt, um Verletzungen bei Igeln und anderen Wildtieren zu verhindern“, so Lokatis.
Ausgeräumte Landschaften, Insektenschwund, erhöhter Straßenverkehr, Pestizide, Unfälle durch Gartengeräte: Der Igel wird derzeit auf der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands in der Kategorie „Vorwarnliste“ geführt. Manche Städte und Gemeinden haben daher bereits ein Nachtfahrverbot für Mähroboter umgesetzt. Köln ist die erste deutsche Großstadt, die seit dem 1. Oktober keine Mähroboter in der Nacht mehr fahren lässt, gleiches gilt für die Gemeinden Borkheide und Nuthetal in Brandenburg. Der Bundestag hat den Novellierungsentwurf zum Tierschutzgesetz mittlerweile an den federführenden Landwirtschaftsausschuss verwiesen. Mit einem echten Nacht- und Dämmerungsfahrverbot für Mähroboter haben die Abgeordneten nun die Chance, für mehr Tier- und Artenschutz in unseren Gärten zu sorgen.
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