Einen Tag vor der möglichen Wiederwahl von Ursula von der Leyen zur Präsidentin der EU-Kommission ist Katarina Barley, Mitglied der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im EU-Parlament, noch nicht ganz sicher, ob sie von der Leyen ihre Stimme geben wird. Dazu müssten erst noch ganz konkrete Fragen beantwortet werden. „Wir müssen ja eine Art Allianz der Demokraten schmieden. Da sind auch alle bereit zu, aber wir brauchen schon ein paar konkrete Zusagen, die wolkigen und blumigen Reden reichen dafür nicht“, machte Barley im Interview mit dem TV-Sender phoenix deutlich. Für einen demokratischen Konsens müsse jeder politische Zugeständnisse machen. „Wenn das so funktioniert, wonach im Moment viel aussieht, dann werde ich Ursula von der Leyen auch meine Stimme geben. Im Moment spricht viel dafür, aber wir haben noch nicht die Antworten auf diese Fragen bekommen“, erläuterte Barley.
Eine Bedingung und rote Linie sei, dass von der Leyen sich nicht „mit der Unterstützung von Rechtsradikalen wählen lässt“, so Barley weiter. „Sie ist viel zu nah an Giorgia Meloni dran, für meinen Geschmack. Ich halte es für falsch, dass Giorgia Meloni als Demokratin dargestellt wird, wenn man sieht, was sie gerade dabei ist, in Italien zu tun. Die Verfassungsreform, die sie gerade vorbereitet, ist ein frontaler Angriff auf die Demokratie.“ Im EU-Parlament stelle sich Meloni dagegen oft anders dar und mache „ein europafreundliches Gesicht“. Barley weiter: „Bei der Frage, ist jemand pro Rechtsstaat oder nicht, da muss man hinschauen, was macht jemand zuhause. Und das ist bei Giorgia Meloni ganz eindeutig, da kann es gar keine zwei Meinungen drüber geben.“ Sie versuche, die Medien und die Justiz zu vereinnahmen, schwäche mit der Parlamentsreform das Parlament und den Staatspräsidenten und schneide alles auf den Posten der Ministerpräsidentin zu. „Bei Giorgia Meloni, da hört es bei uns eben wirklich auf“, betonte Barley bei phoenix. Natürlich müsse man qua Amt mit bestimmten Menschen arbeiten, deshalb sei es für sie auch in Ordnung, dass von der Leyen mit der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) von Giorgia Meloni spreche. „Die Frage ist: Stützt sie sich am Ende bei ihrer Wahl auf diese Menschen? Eine Zusammenarbeit mit Fratelli d’Italia ist für uns absolut ausgeschlossen.“
Barley verurteilte zudem die Reisen des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán nach Russland, China und in die USA und sagte bei phoenix: „Es ist ganz wichtig, gegenüber Orbán und der Weltöffentlichkeit zu zeigen: Viktor Orbán spricht hier nicht für die Europäische Union. Er sabotiert die Einigkeit der EU auch nach außen hin, das ist brandgefährlich. Das ist genau das, was Putin in die Hände spielt.“ Sie glaubt allerdings nicht, dass Orbán sich mit diplomatischen Mitteln einschüchtern lassen wird und machte deshalb bei phoenix den Vorschlag, die ungarische Ratspräsidentschaft zu verkürzen: „Das wäre im Rat mit qualifizierter Mehrheit möglich, 20 Staaten müssen dafür sein. Das wäre ein einmaliger Schritt, das ist noch nie passiert, aber so jemand wie Viktor Orbán hat die Europäische Union auch bisher noch nicht gehabt.“
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