Anlässlich der seit dem 11. November laufenden UN-Klimakonferenz COP 29 in Baku veröffentlicht die Berliner NGO Facing Finance die 100-seitige Studie “ Highway zur Klimahölle“. Die unabhängige Analyse zeigt, ob bzw. wie 20 ausgewählte deutsche Finanzdienstleister den Übergang zu einer nachhaltigen Zukunft mitgestalten und wie sie den Zielen und Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens nachkommen, welches ein Umlenken der Finanzströme zu Gunsten erneuerbarer Energien festschreibt.
Die Studie stellt die Frage: Tragen deutsche Finanzinstitute mit ihren Finanzierungsaktivitäten zur notwendigen Dekarbonisierung bei, weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien?
Antwort: Nein, mehr als 85% der Finanzierungen (152 Mrd. USD) von den in dieser Studie untersuchten 20 in Deutschland aktiven Finanzinstituten gingen zwischen 2016 und 2023 immer noch an Unternehmen, deren Geschäftsmodelle im Sektor Stromerzeugung und Energieversorgung auf fossilen Energieträgern basieren. Während im Jahr 2016 noch 90,8 % der Finanzierungen des Energiesektors in fossile Energie flossen, sank der Wert im Jahr 2023 auf 81,4 %. Gleichzeitig verdoppelte sich der Anteil der Finanzierungen erneuerbarer Energie von 9,2 % auf 18,6 %. Beides zusammen liegt aber weit unter den Anforderungen zur Erreichung der Klimaziele bis 2030.
Ähnliche Größenordnungen finden sich auch für den Bereich der Beteiligungen/Investitionen. Durchschnittlich 86% der Investitionen in Aktien und Anleihen (2016 und August 2024) der ausgewählten Finanzinstitute flossen in Unternehmen der fossilen Energiebranche, während durchschnittlich nur knapp 14 % in Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien investiert wurden.
Wie die Finanzdienstleister abschneiden: Die Deutsche Bank gewährte im Untersuchungszeitraum 2016 – 2023 Unternehmen im Bereich der fossilen Brennstoffe die umfangreichsten Kredite. Sie hat nach Abschluss des Pariser Klimaabkommens im Zeitraum 2016 bis 2023 Finanzierungen in einer Größenordnung von fast 70 Milliarden $ im Sektor fossile Energie vorgenommen. Aber auch die ING Group, die Commerzbank, UniCredit, BayernLB, DZ Bank und LBBW finanzierten die fossile Branche umfangreich. Allein die Deutsche Bank, ING, die Commerzbank und UniCredit haben im Untersuchungszeitraum über 92 % (ca. 140 Mrd. USD) der Kredite und Dienstleistungen zur Kreditsicherung im Sektor fossile Energie zu verantworten. Die BayernLB, die Commerzbank, die ING Group und die UniCredit haben aber begonnen, ihre Finanzierungen schrittweise von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien umzustellen.
Die fünf Hauptinvestoren (Aktien und Anleihen) in Unternehmen im Bereich der fossilen Brennstoffe sind die Deutsche Bank, Allianz, DZ Bank, Deka Group und AXA. Die kleineren Banken und Sparkassen weisen aufgrund eines nachhaltigeren Geschäftsmodells niedrige oder gar keine fossilen Beteiligungswerte (GLS, Triodos, Pax Bank) auf.
Commerzbank, LBBW, Stadtsparkasse Düsseldorf und UniCredit haben ihre Investitionen im Untersuchungszeitraum in erneuerbare Energien sogar reduziert, während Allianz, AXA und BayernLB ihre Positionen in diesem Bereich ausgebaut haben. Keinerlei Investitionen im Sektor fossile Brennstoffe wurden für die Pax Bank, die GLS und Triodos festgestellt.
Die Studie basiert auf einer Methodik des niederländischen Institutes profundo, das transparente, objektive Daten zu den Finanzbeziehungen recherchiert hat. Facing Finance ergänzte die Recherche mit einer gründlichen Analyse der klimarelevanten Selbstverpflichtungen der Finanzdienstleister. Die Studie konzentriert sich dabei auf die Umschichtung der Finanzierungen zwischen Unternehmen des fossilen Energiesektors (Kohle, Öl und Gas) hin zu erneuerbaren Energien (Geothermie, Wind und Solar).
Alle Finanzdienstleister wurden zusätzlich daraufhin überprüft, ob sie das von der internationalen Finanzbranche (Glasgow Financial Alliance for Net Zero / GFANZ) geforderte Verhältnis von 4 : 1 (80:20) zu Gunsten erneuerbarer Energien bei ihren Investitionen und Finanzierungen erfüllen, um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen.
„Das Finanzierungs- und Investitionsverhalten von großen deutschen Banken steht immer noch im krassen Widerspruch zu den Zielen und Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens und weicht auch teils dramatisch von brancheneigenen Anforderungen ab,“ beklagt Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand von Facing Finance und Autor der Studie.
Die Studie „Highway zur Klimahölle“ soll Verbraucher*innen und anderen Interessengruppen helfen, fundiertere Entscheidungen zu treffen, indem transparent offengelegt wird, welche Finanzdienstleister bei der Unterstützung klimafreundlicher Finanzpraktiken führend sind und welche nicht.
Diejenigen Finanzdienstleister, die den Zielen und Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens nicht ausreichend nachkommen, sollen zudem dazu gedrängt werden, schnellstmöglich ihre Finanzierungen des Sektors fossile Brennstoffe zu reduzieren, bzw. einzustellen. Dazu sollten finanzierte Emissionen offengelegt werden und absolute, überprüfbare Emissionsreduktionsziele für Kohle, Öl und Gas festlegt werden, die ein 1,5-Grad-Szenario verbindlich ermöglichen.
Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass die klimarelevanten Richtlinien der untersuchten Banken selbst überwiegend nicht ausreichen, um die notwendigen Klimaziele zu erreichen. Es fehlen häufig messbare, kurzfristige Ziele (bis 2030) bezüglich der Reduzierung von Finanzierungen und Investitionen in die Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen. Gleiches gilt bezüglich der Finanzierung und der Investitionen in erneuerbare Energien.
Details zur Methodik und zur Datenerhebung sind folgenden Dokumenten zu entnehmen:
Profundo Methodik und Analyse
Profundo Datenerhebung
Die Studie „Highway zur Klimahölle“ steht hier zum download bereit.
Pressekontakt:
Thomas Küchenmeister
Geschäftsführender Vorstand Facing Finance e.V.
kuechenmeister@facing-finance.org
@FacingFinance
+49 (0)175 4964082