Konjunktur und mittelfristige Wachstumsaussichten sind in Deutschland deutlich schlechter als in vielen anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Dies bestätigen die Analysen des Internationalen Währungsfonds (IWF), die anlässlich dessen Herbsttagung vorgestellt wurden. Aus Sicht des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) geben besonders die anhaltend niedrigen Investitionen Anlass zur Sorge. Deutliche Ausgaben für höhere Investitionen sind nicht nur für eine Stärkung des Wirtschaftswachstums notwendig, ohne sie kann weder die ökologische Transformation vorangebracht noch die Wohnungsknappheit oder die Mängel an der Infrastruktur beseitigt werden.
„Vor allem der deutsche Mittelstand, das Kraftzentrum unseres Landes, leidet unter hohen Energiekosten, Arbeitskräfteknappheit, ausufernder Bürokratie, aber auch unter hohen Unternehmenssteuersätzen“, erklärt BVR-Präsidentin Marija Kolak auf der IWF- und Weltbanktagung in Washington. „Die Bundesregierung hat die Probleme mittlerweile erkannt, die bislang ergriffenen Maßnahmen, wie etwa das Wachstumschancengesetz, reichen aber bei Weitem nicht aus und müssen dringend ergänzt werden“, so Kolak. Wenig zielführend sei der von Wirtschaftsminister Robert Habeck vorgeschlagene Deutschlandfonds, mit dem Unternehmen zehn Prozent ihrer Investitionssumme erstattet bekommen sollen. Er sei mit immensen fiskalischen Kosten verbunden und löse die fundamentalen Probleme nicht, die Unternehmen von Investitionen abhalten.
Die Schuldenbremse aufzuweichen oder gar abzuschaffen sei keine Option. „Es ist wichtig, dass Deutschland die Staatsausgaben besser priorisiert“, mahnt Kolak. Dies sei möglich, wenn der politische Wille dazu vorhanden sei. Schließlich würden die Einnahmen des Bundes 2024 gegenüber dem Vorjahr nochmal um 3,4 Prozent wachsen und damit auf einem absoluten Rekordniveau liegen. Zu Recht warne der IWF vor zunehmender Staatsverschuldung. Viele Volkswirtschaften verließen sich auf anhaltend niedrige Finanzierungskosten und unterschätzten die Gefahr kommender Schuldenkrisen. Die deutsche Staatsschuldenquote dürfte 2024 bei 63 Prozent liegen und damit knapp einen Prozentpunkt unter dem Vorjahr. Demgegenüber steigen weltweit die Schuldenstände an und dürften nach den Rechnungen des IWF bis 2030 die Marke von 100 Prozent erreichen.
Unterstützung dürfte das Wirtschaftswachstum perspektivisch von der Geldpolitik erhalten. Die Europäische Zentralbank (EZB) sei bei ihrem Zinssenkungskurs zu Recht vorsichtig, so Kolak. In den kommenden Monaten sollte die EZB ihren Zinssenkungskurs beibehalten, dürfe aber die weiter bestehenden Inflationsrisiken nicht unterschätzen. Zu einem erneuten Aufflammen der Inflation dürfe es nicht kommen. Aktuell wirkt die Geldpolitik noch dämpfend auf die Konjunktur. Im kommenden Jahr dürfte sie sich jedoch im Zuge weiterer Zinssenkungen wieder positiv auf die Konjunktur in Deutschland auswirken.
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