Michael Wohlfart und Bastian Schoder haben sich mit ihrer Kanzleibooster GmbH darauf spezialisiert, Steuerkanzleien bei der Prozessoptimierung zu unterstützen. Wir haben uns bei ihnen erkundigt, wie eine Kanzlei am besten durch die Wachstumsphase kommt.
Steuerkanzleien haben im Augenblick keinen Mangel an Beschäftigung. Die Nachfrage nach ihrer Dienstleistung ist ungebrochen und damit besteht auch die Chance auf ein ordentliches Wachstum. Ein Selbstläufer ist es aber nicht, denn mit der Zahl der Mitarbeiter steigen auch die Probleme. „Für den Steuerberater ist das eine neue Situation, denn er kann sich nun nicht mehr um alles selbst kümmern“, stimmen Michael Wohlfart und Bastian Schoder von der Kanzleibooster GmbH überein. „Der Steuerberater braucht Mitarbeiter oder Partner, die Aufgaben für ihn übernehmen. Und er braucht Prozesse, die einen reibungslosen sowie personenunabhängigen Ablauf ermöglichen.“ Im Folgenden haben die beiden in acht Tipps verraten, wie stressfreies Wachstum für Steuerkanzleien funktioniert.
1. Qualität vor Quantität
Aufgrund der hohen Nachfrage wachsen viele Kanzleien gerade explosionsartig. Mehr Mandate können jedoch nur angenommen werden, wenn genug Mitarbeiter vorhanden sind. In der Folge werden teilweise unbedachte Einstellungen vorgenommen, was besonders bei kleinen Kanzleien häufig zu personellen Fehlgriffen und somit zu großen Problemen führt. Schließlich ist der Chef meist operativ tätig und hat kaum die Zeit, die neuen Mitarbeiter gründlich zu schulen. Daraus ergeben sich Fehler, die auf die Kanzlei zurückfallen. Kanzleien sollten daher langsam wachsen und die Qualität im Auge behalten.
2. Verlagerung der Tätigkeiten auf Chefebene: Es gilt, Aufgaben zu delegieren
Wir haben bereits festgestellt, dass sich der Chef einer kleinen Kanzlei zumeist selbst um die Jahresabschlüsse und viele weitere Anliegen der Mandanten kümmert. Wenn die Kanzlei wächst und mehr Mitarbeiter hinzukommen, verlagert sich sein Aufgabengebiet zwangsläufig. Es stehen nun Kontrollaufgaben im Mittelpunkt. Übernimmt der Chef die neuen Aufgaben zwar, gibt die Sachbearbeitung aber nicht komplett ab, wird er bald überlastet sein. Konsequentes Delegieren ist an dieser Stelle unabdinglich.
3. Nur gewinnbringende Mandate annehmen
Wenn genug Mitarbeiter vorhanden sind, ist die Kanzleileitung geneigt, zahlreiche zusätzliche Mandate zu übernehmen. Auf diese Weise kommen viele Mandanten hinzu, mit denen die Kanzlei kaum Geld verdient oder sogar drauflegt. Unpassende Mandanten sorgen zudem für Stress und binden unnötig Ressourcen. Es gilt daher, klare Kriterien für die Mandate aufzustellen und nur tatsächlich gewinnbringende und strategisch sinnvolle Fälle anzunehmen.
4. Prozessoptimierung
Je größer die Kanzlei, desto wichtiger die Prozesse. In einer wachsenden Kanzlei sollte nicht auf Zuruf gearbeitet werden. Vielmehr sind Prozesse gefragt, die unabhängig von Personen funktionieren. Die Einhaltung der Abläufe muss kontrolliert werden. Größere Kanzleien sollten daher darüber nachdenken, einen Kanzleimanager zu beschäftigen, der die Prozessabläufe im Blick behält.
5. Teamstrukturen implementieren
Die Kanzleileitung ist häufig der Flaschenhals einer Kanzlei. Im schlimmsten Fall läuft alles über eine Person: Jede Unterschrift wird von ihr getätigt, jeder Mitarbeiter wendet sich an sie. Bei zehn bis fünfzehn Mitarbeitern ist das nicht mehr sinnvoll. Ab dieser Größe muss die Kanzlei daher auf Teamstrukturen setzen, wobei ein Teamleiter für fünf bis sechs Mitarbeiter zuständig ist. So ergibt sich die richtige Struktur.
6. Aufgabenstrukturierung: Integration eines Managementboards
Auch auf strategischer Ebene sind in einer Kanzlei zahlreiche Aufgaben umzusetzen. Meist werden diese aber nicht festgehalten, sondern schweben im Ungefähren. Prioritäten können so hingegen nicht gesetzt werden. Kanzleien ist daher anzuraten, ein Managementboard zu erstellen, das alle offenen Aufgaben festhält und darüber informiert, wer sich dieser annimmt. Andernfalls kommt es zu liegengebliebenen oder auch doppelt bearbeiteten Fällen, was die Kanzlei nicht weiterbringt.
7. Langsames und organisches Wachstum statt übereilter Handlungen
Seine Kanzlei künftig weiter auszubauen, etwa im Sinne einer Fusion, scheint eine gute Idee zu sein. Häufig wird die Übernahme günstig angeboten. Wer mit diesem Gedanken spielt, sollte allerdings bedenken, dass die Zusammenlegung zweier Teams zu großen Problemen führt. Dazu kommen eventuell unterschiedliche IT-Systeme. Eine Lösung erfordert sicherlich ein bis zwei Jahre und der Aufwand lohnt sich damit kaum. Zumal man die Mitarbeiter nicht selbst ausgesucht hat. Sind sie gut? Werden sie bleiben? Selbige Fragen stellen sich bei den Mandanten. Der Zukauf einer Kanzlei ist damit mit einer Art Wundertüte gleichzusetzen. Wer hingegen langsam und organisch wächst, behält alles in der eigenen Hand.
8. Expertenhilfe beanspruchen
Das Wachstum stellt die Kanzleien vor ganz neue Aufgaben, die obendrein neben dem Tagesgeschäft bewältigt werden müssen. Es ist daher folgerichtig, sich Hilfe von außen zu holen. Wer etwas zum ersten Mal macht, weiß eben noch nicht, wie es geht, weshalb es sinnvoll ist, sich einen Experten zur Seite zu stellen.
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