Vor dem heute geplanten Kabinettsbeschluss ist eine überarbeitete Fassung des „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG) bekannt geworden. Der AOK-Bundesverband bekräftigt vor dem Hintergrund der neuen Fassung seine Kritik an der nach wie vor geplanten Zweckentfremdung von Präventionsmitteln. Zudem weist die Vorstandsvorsitzende des Verbandes, Dr. Carola Reimann, auf die erheblichen Mehrkosten für die gesetzliche Krankenversicherung hin, die bei Umsetzung des GHG unter anderem durch die Ausweitung der Disease-Management-Programme (DMP) zu befürchten sind:
„“Statt neue Untersuchungen zur Früherkennung mit mangelhafter Evidenzbasis und fragwürdigem Nutzen zu schaffen, wertvolle Präventionsangebote zu zerstören und die Disease-Management-Programme als wirksamen Baustein zur Sekundärprävention zu gefährden, sollte die Ampel dieses Gesetz besser komplett einstampfen. Denn die im GHG vorgesehenen Maßnahmen verbessern nicht die Herzgesundheit, sondern verschärfen nur die ohnehin prekäre Finanzlage der GKV.
Das Ziel des Gesetzes, mehr für die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen zu tun, ist grundsätzlich richtig. Aber mit den vorgesehenen Maßnahmen im GHG ist die Ampel-Koalition komplett auf dem Holzweg. So hat eine aktuelle Auswertung der Studienlage durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gerade erst gezeigt: Das im GHG trotz massiver Kritik immer noch vorgesehene flächendeckende Screening von Kindern und Jugendlichen zur Früherkennung von Fettstoffwechselstörungen ist in dieser Form nicht sinnvoll. Der Nutzen eines solchen allgemeinen Screenings ist nicht belegbar.
Ein kleiner Lichtblick ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss bei den Entscheidungen über den verstärkten Einsatz von Medikamenten zur Behandlung von Stoffwechselstörungen stärker eingebunden werden soll als ursprünglich geplant. Doch es bleibt dabei, dass Präventionsmittel in Millionenhöhe umgewidmet werden sollen, um Medikamente zur Tabakentwöhnung und flächendeckende Screenings zu finanzieren. Wenn diese Pläne tatsächlich umgesetzt werden, ist das bestehende Angebot von Präventions- und Gesundheitskursen der gesetzlichen Krankenkassen für Erwachsene, Kinder und Jugendliche akut gefährdet. Damit konterkariert das GHG die eigene Zielsetzung, die Herzgesundheit zu verbessern sowie Bewegung und gesunde Ernährung zu fördern. Statt die Präventionsgelder in fragwürdige Maßnahmen umzulenken, müssen bevölkerungsweite Maßnahmen zur Reduktion des Konsums von Tabak, Alkohol und Lebensmitteln mit zu viel Fett und zu viel Zucker ergriffen werden. Hier hinkt Deutschland im internationalen Vergleich meilenweit hinterher.
Wir befürchten durch das Gesetz zudem erhebliche Mehrkosten für die GKV in beitragsrelevanter Höhe. Die im Kabinettsentwurf aufgeführten Einsparpotenziale sind unseriös, da keine Wirksamkeitsbelege für die geplanten Maßnahmen vorliegen. Vor allem die im GHG vorgesehene Ausweitung der Disease-Management-Programme auf Risikopatienten wird zu zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe führen. Laut unseren Schätzungen, die auf epidemiologischen Daten und den heutigen DMP-Kosten basieren, gehen wir bei der Öffnung der DMP für Risikopatienten nach einer Hochlaufphase von fünf Jahren von 34 Millionen zusätzlichen DMP-Teilnahmen mit Zusatzkosten für die GKV in Höhe von 3,8 Milliarden Euro im Jahr aus. Zudem droht eine Überlastung der Hausarztpraxen, die die aktuell gute Versorgung der derzeit rund 7,4 Millionen bereits in ein DMP eingeschriebenen chronisch kranken Versicherten akut gefährden würde.“
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