Mit einem Apotheken-Reformgesetz, das am 21. August 2024 in einer Kabinettssitzung von der Bundesregierung beschlossen werden soll, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Apotheken ohne Apotheker etablieren. Schon die Ankündigung hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst – nicht nur bei Apothekern, sondern auch bei Patienten, Hausärzten und Bürgermeistern. Alle sehen darin eine große Gefahr für den Erhalt bewährter Versorgungsstrukturen zum Nachteil von Alten, Kranken und Schwachen. Die Apotheker in Nordrhein warnen vor diesem Reformgesetz und erklären, warum sich die Patientenversorgung dadurch drastisch verschlechtern würde.
Fahrlässiges Gesetzesvorhaben – Patientensicherheit akut gefährdet
„Die Patientensicherheit wird durch die geplante Etablierung von Apotheken ohne Apotheker akut gefährdet“, stellt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. klar. Denn bei Apotheken ohne Apotheker wird es für Kranke, Pflegende, und Familien mit kranken Kindern zur reinen Glückssache, ob sie in einer Apotheke eine Apothekerin oder einen Apotheker antreffen. Das Gesetz hat sowohl für chronisch Kranke als auch für Bürgerinnen und Bürger bei akuten Erkrankungen mit einem Sofort-Bedarf der Medikation extrem negative und nicht akzeptable Auswirkungen. „Wichtige Versorgungen würden in diesen Behelfsapotheken gar nicht mehr oder nur noch an einem Tag in der Woche stattfinden können. So zum Beispiel die Abgabe von starken Schmerzmitteln für Krebs-Patienten oder die Herstellung von dringend benötigten Arzneimitteln für Babys und Kinder“, warnt Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein.
„Wer die Qualitätsstandards bei der Beratung, Herstellung und Abgabe von Arzneimitteln in Apotheken durch Etablierung von Apotheken ohne Apotheker senkt, missachtet auch den vorbeugenden Verbraucherschutz zum Nachteil von Patientinnen und Patienten. Somit ist ein solches Gesetz sogar fahrlässig“, betont Thomas Preis.
Patienten in großer Sorge
Bereits die ersten Reaktionen aus Patientensicht zeigen, wie groß die Sorge dort ist. So stellte beispielsweise Sabine Härter von der Deutschen Diabeteshilfe – Menschen mit Diabetes stellvertretend für Millionen chronisch Erkrankte anlässlich einer Konferenz zur geplanten Apotheken-Reform in Köln klar: „Schon die aktuell stattfindenden Schließungen von Apotheken sind aus Patientensicht besorgniserregend. Aber dass man mit der Apotheken-Reform plant, die Qualität der Versorgung in den verbleibenden Apotheken auch noch zu senken, ist aus Patientensicht unverständlich und nicht hinnehmbar.“ Schließlich seien Apothekerinnen und Apotheker sowie ihre Teams vor Ort verlässliche Ansprechpartner für uns Patienten und unsere Sorgen. Sei es bei Fragen zur gesunden Lebensführung, Ernährung, Handhabung von Hilfsmitteln und ganz besonders zur Arzneimittel-Therapiesicherheit, so Härter. Gerade für ältere Menschen sei es wichtig, dass da vor Ort jemand persönlich da sei, der „mit einem spricht, zuhört und hilft“. Auch gegen Einsamkeit sei das Gespräch von Angesicht zu Angesicht sehr wichtig.
Bewährte Versorgungsstrukturen vor Ort stabilisieren
„Wo Apotheke draufsteht, muss auch eine Apothekerin bzw. ein Apotheker drin sein“, betont Dr. Armin Hoffmann. Darauf hätten Patienten und Kunden auch ein Anrecht. Insofern sei es zwingend notwendig, die vorhandenen, bewährten Strukturen hinsichtlich der Patientensicherheit zu stabilisieren, anstatt Versorgung und Leistung abzubauen.
Auch angesichts der weiter bestehenden Lieferengpässe bei Arzneimitteln, von dem immer noch jedes zweite Rezept betroffen sei, und einer immer älter werdenden Bevölkerung, brauche man eine noch stabilere Versorgung durch gestärkte Apotheken mit mehr Apothekern statt Apotheken ohne Apotheker.
„Dafür muss nach über einem Jahrzehnt des Honorarstillstands die Vergütung der Apotheken endlich deutlich angehoben werden“, betont Preis. Diese Unterfinanzierung führe zu immer mehr wirtschaftlich instabilen Apotheken, da es in diesen 10 Jahren erhebliche Kostensteigerungen gegeben habe. So sind allein die Löhne und Gehälter für die Mitarbeiter um 27,8 Prozent gestiegen. Hinzu kommen deutlich gestiegene Kosten zum Beispiel für Miete, Energie, Software und Botendienste. „Nur mit einer erhöhten Honorierung lassen sich weitere Apothekenschließungen vermeiden“, erläutert Hoffmann.
Mit dem geplanten Konzept der Apotheke ohne Apotheker würden Bundeskanzler Scholz und Minister Lauterbach zudem ihr eigenes Versprechen brechen, dass es bei den Änderungen im Gesundheitssystem nicht zu Leistungskürzungen kommen werde, erklären Preis und Hoffmann.
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