Wollte man Deutschlands Probleme in exemplarischen Beispielen erzählen, dann wäre das eines: Die Deutsche Rentenversicherung hält dem Land Berlin vor, die Assistenten der Corona-Impfteams seien 2020 alle scheinselbstständig gewesen. Sie müssen jetzt nachträglich versichert werden: Krankenkassenbeiträge, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung. Berlin entgegnet, das sei alles völliger Unsinn. Deshalb will der Senat jetzt durch alle Instanzen klagen. Tatsächlich hat der Gesetzgeber Ärzte und Apotheker damals von der Versicherungspflicht befreit. Und dabei offenbar vergessen, dass in Impfzentren auch andere Menschen gebraucht werden.
Nun ist die Sozialversicherungspflicht im Grundsatz ja wichtig, warum sollte also irgendjemand davon einfach so befreit werden? Weil man damals froh war um jeden, der spontan bereit war, in einem Corona-Impfzentrum zu helfen – etliche Helfer haben sich damals sogar von ihrer eigentlichen Arbeit freistellen lassen.
Es sind zwar nur 350 Fälle, die das Land Berlin nun nachträglich versichern muss. Aber das zeigt umso mehr den Irrsinn, den die Rentenversicherung da betreibt. Aber wohl auch betreiben muss, wenn das Gesetz keine Flexibilität zulässt. In diesem Fall wäre eine Bagatelle-Regelung sinnvoll. Das Land rechnet nämlich süffisant vor: Jede Honorarkraft aus der Coronazeit werde durch die Nachberechnung im Schnitt zehn Cent mehr Rente pro Monat bekommen. Aufwand und Ertrag der Aktion stehen in keinem Verhältnis. Die Signalwirkung ist fatal. Da wird Engagement und schnelles Handeln anschließend gegängelt, statt nach einem Ausweg zu suchen. Um gute Lösungen geht es leider viel zu selten. Stattdessen verharren wir auf gewohnten Pfaden. Vielleicht könnte ja die Rentenversicherung versuchen, da ein Vorbild zu sein. Wär ja mal was.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/887277 – 878
bmcvd@morgenpost.de