Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat beim Verwaltungsgericht Oldenburg Klage gegen die Landesregierung Niedersachsen wegen der Genehmigung eines für die geplanten Gasbohrungen vor Borkum benötigten Seekabels eingereicht. Die DUH beantragt zudem am heutigen Freitag ein Eilverfahren, um die unwiederbringliche Zerstörung geschützter Riffe zu verhindern. Die Klage wird unterstützt vom BUND Niedersachsen und der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland, die zuvor gemeinsam mit der DUH Widerspruch gegen die Genehmigung eingelegt hatten. Der Widerspruch hatte die Bauarbeiten bislang noch verhindert. Am 19. Juli 2024 ordnete der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) jedoch auf massiven Druck des niederländischen Öl- und Gaskonzerns One-Dyas den Sofortvollzug der Genehmigung an.
Die drei Organisationen kritisieren die Anordnung des NLWKN aufs Schärfste und fordern die Landesregierung auf, das energiepolitisch unnötige Projekt zum Schutz von Klima, Natur und den anwohnenden Menschen zu stoppen.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: „Ministerpräsident Weil und seine Landesregierung sind ganz offensichtlich vor den haltlosen Schadensersatz- und Klagedrohungen von One-Dyas eingeknickt. Damit stellen sie die Profitinteressen eines fossilen Konzerns über den Klimaschutz, die empfindlichen Ökosysteme der Nordsee und die Lebensqualität der anwohnenden Menschen. Es ist völlig aus der Zeit gefallen, neue Gasbohrungen in der Nordsee zu beginnen, während die Klimakrise sich immer weiter zuspitzt. Auch energiepolitisch ist das fossile Megaprojekt durch nichts zu rechtfertigen. Wir brauchen schlicht und ergreifend kein zusätzliches Erdgas, um die Energieversorgung abzudecken. Mit unserem Eilantrag fordern wir die Landesregierung auf, diese katastrophale Fehlentscheidung noch abzuwenden und die Gasbohrungen vor Borkum zu verhindern.“
Dr. Tonja Mannstedt, Landesgeschäftsführerin des BUND Niedersachsen: „Die Genehmigung der Bohrungen steht im krassen Widerspruch zum Schutz des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer und den selbst gesetzten Klimazielen der rot-grünen Landesregierung. Die Gewinnung von Öl und Gas sind mit dem Status des Welterbes unvereinbar. Es droht eine Absenkung des Meeresbodens, was angesichts des Anstiegs des Meeresspiegels inakzeptabel wäre. Nicht einmal eine Ausgleichsfläche soll es laut der Genehmigung für die Zerstörung des Riffs geben. One-Dyas wird de facto erlaubt, sich durch Ausgleichszahlungen das geschützte Biotop zu kaufen. Ein rechtsstaatliches Verfahren sieht anders aus! Diese Genehmigung darf keinen Bestand haben, sonst steht der Weltnaturerbe-Status des Wattenmeers auf dem Spiel.“
Bernd Meyerer, Sprecher der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland: „Das Ökosystem Wattenmeer ist von herausragender weltweiter Bedeutung. Wissenschaftliche Untersuchungen haben klar gezeigt, dass es dort wertvolle Steinriffe gibt, die durch die Bohrungen und die Kabelverlegung zerstört werden würden. Die NLWKN-Genehmigung wischt diese berechtigten Bedenken einfach beiseite. Statt einer umwelt- und klimaschädlichen Bohrinsel, könnten mit dem Grünstrom vom Windpark Riffgat bis zu 120.000 Haushalte direkt mit sauberer Energie versorgt werden. Geht es nach der Landesregierung, soll die Nordsee aber erneut mit fossilen Gasbohrplattformen verschandelt werden – auf Kosten der Menschen auf den Nordsee-Inseln und geschützter Arten wie Schweinswal und Kegelrobbe. Das dürfen wir nicht zulassen!“
Hintergrund:
Der Öl- und Gaskonzern One-Dyas plant, in der Nordsee ein Gasfeld zu erschließen, das je zur Hälfte unter der deutschen und niederländischen Nordsee liegt. Nachdem die DUH die niederländische Genehmigung für die Bohrungen im April bereits vor Gericht gekippt hatte, erteilte das zuständige Ministerium unter der neuen Regierung Geert Wilders plötzlich eine neue Genehmigung. Die Genehmigung der Bohrungen auf deutscher Seite durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) steht bislang noch aus.
Am 15. Juli 2024 hatte die DUH ein bis dahin geheimes Schreiben veröffentlicht, mit dem der Konzern One-Dyas die Landesregierung Niedersachsen bereits Anfang Juli unter Druck gesetzt hatte. Der Konzern droht in dem Schreiben ohne sachliche Grundlage mit Schadensersatz und kündigt Klagen an, sollte der Weg für Gasbohrungen vor Borkum nicht freigemacht werden. Aus dem Brief geht auch hervor, dass Ministerpräsident Weil im Gespräch mit One-Dyas angekündigt hatte, „alles Erdenkliche“ zu tun, um die Genehmigung so schnell wie möglich zu erteilen. Dies legt den Verdacht nahe, dass das Genehmigungsverfahren nicht rechtsstaatlich abgelaufen ist, sondern das Ergebnis schon vorab feststand.
Am 19. Juli 2024 erteilte der NLWKN naturschutzrechtliche Befreiungen für die geschützten Gebiete und ermöglichte damit den Sofortvollzug der Genehmigung für den Bau eines Seekabels zur Versorgung der Gasbohrplattform mit Strom.
Pressekontakt:
Julian Schwartzkopff, Teamleitung Gas-Ausstieg
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Bernd Meyerer, Sprecher Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland
0151 59166553, bernd@meyerer.net
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