Die fünfte Verhandlungsrunde für ein globales Plastikabkommen in Busan/Südkorea endete am 1. Dezember ohne Einigung und ohne einen rechtlich bindenden Vertrag, der die weltweite Verschmutzung mit Plastik beenden soll. Stattdessen wurde beschlossen, im kommenden Jahr eine zusätzliche Sitzung des zwischenstaatlichen Verhandlungsausschusses (INC-5.2) abzuhalten.
Mitglieder des zivilgesellschaftlichen Bündnis Exit Plastik nahmen an den Verhandlungen in Busan teil und bewerten den Ausgang von INC5 als verpasste Chance und gleichzeitig als Möglichkeit 2025 doch noch zu einem wirkungsvollen Abkommen zu gelangen, auch wenn die unterschiedlichen Positionen der Verhandlungsstaaten teilweise unüberbrückbar scheinen. Exit Plastik begleitet den weiteren Prozess und ist Ansprechpartner für Informationen und Insights.
Konsensprinzip lähmt Verhandlungen und begünstigt Interessen der Ölstaaten
Die Mehrheit der Staaten, darunter auch die EU, setzte sich in Busan für ambitionierte und verbindliche Ziele zur Reduktion der Plastikproduktion und zur Eliminierung gefährlicher Chemikalien ein, wenn auch noch ohne konkrete Maßnahmen. Allerdings gelang es einigen wenigen erdölfördernden Ländern, darunter Saudi-Arabien, Iran, Russland und Indien und ihren Verbündeten den Prozess zu blockieren. Diese machten es sich zunutze, dass laut Verfahrensregeln alle Entscheidungen weiterhin im Konsens getroffen werden müssen und verhinderten so, dass sich die Mehrheit der ambitionierten Staaten durchsetzen konnte. Dies ist auch das größte Hindernis für die weiteren Verhandlungen. Solange ein Konsens aller Verhandlungsstaaten erforderlich ist, kann ein einziges Land verhindern, dass wir die dringend notwendigen globalen Vereinbarung erzielen.
Abkommen am Scheideweg
Das nach Busan vorliegende so genannte non-paper bildet die Textgrundlage für die weiteren Verhandlungen, die voraussichtlich Mitte 2025 stattfinden werde. Aus Sicht von Exit Plastik ist noch offen, wie es mit den Verhandlungen weitergeht. Denn trotz des vorliegenden Textes zu einem noch undefinierten Reduktionsziel im jetzigen Vertragsentwurf, dem allerdings auch noch zugestimmt werden müsste, fehlen konkrete Maßnahmen und festgelegte Schritte, um dieses Ziel zu erreichen. Auch die Problematik der gefährlichen Chemikalien in Plastik ist nach wie vor nicht ausreichend adressiert, auch wenn umwelt- und gesundheitsorientierte Staaten forderten, dass gefährliche Chemikalien, die oft in Kunststoffen enthalten sind, drastisch reduziert oder vollständig eliminiert werden müssen. Um ein wirkungsvolles Abkommen verabschieden zu können, das die Plastikkrise an ihrer Wurzel packt, muss inhaltlich noch eine Menge passieren.
Erschwerter Zugang für Zivilgesellschaft
Sehr problematisch war die stark eingeschränkte Partizipationsmöglichkeit der Zivilgesellschaft während der Verhandlungen in Busan, u.a. durch zu kleine Sitzungsräume und begrenzten Zugang. Dies war bereits in den vorangegangenen Verhandlungsrunden problematisch, nahm in Busan aber ein bisher nicht gekanntes Ausmaß an. „Der Ausschluss der Zivilgesellschaft von den Verhandlungen stellt einen neuen Tiefpunkt im Umgang mit Zivilgesellschaft dar. Die unnötige Behinderung der Teilnahme von u.a. Indigenen, Umwelt-, Menschenrechts- und Frauen-Organisationen bedeutet, dass wichtige Perspektiven fehlen bzw. nur schwer eingebracht werden konnten. Für ein starkes globales Abkommen werden diese aber dringend benötigt“, kritisiert Alexandra Caterbow von Health and Environment Justice Support, HEJSupport.
Plastik-Lobby dominiert Verhandlungen – Kritiker:innen fordern Ausschluss
Exit Plastik-Beobachter:innen kritisieren auch den starken Einfluss der Plastik- und Chemie-Lobby bei den Verhandlungen. Deren Gruppe an registrierten Teilnehmer:innen war mit 220 Lobbyist:innen größer als die gesamte EU-Delegation. „Die Verhandlungen zeigen einmal mehr, wie stark die Lobby der Plastikindustrie ist. Mit unverhältnismäßigem Einfluss haben sie die Interessen einer kleinen, profitorientierten Gruppe über die langfristige Gesundheit von Mensch und Planet gestellt. Das gefährdet dringend notwendige Fortschritte und zeigt die Notwendigkeit, Plastik-Lobbyist:innen von den Verhandlungen auszuschließen“, erklärt Sascha Gabizon von Women Engage for a Common Future, WECF.
Hoffnung auf ein starkes Abkommen bleibt
Exit Plastik wird, im Zusammenschluss mit zivilgesellschaftlichen Gruppen weltweit, weiterhin auf den Abschluss eines ambitionierten Abkommens hinarbeiten. „Die Welt kann es sich nicht leisten, diese einmalige Chance zu verspielen. Wir rufen die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger:innen weltweit dazu auf, die notwendigen Schritte zu einem wirksamen Abkommen mit aller Kraft zu unterstützen. Nur gemeinsam können wir die Plastikkrise lösen und eine nachhaltige Zukunft sichern“, erklärt Carla Wichmann, Koordinatorin von Exit Plastik.
Weitere Informationen:
- Mitglieder des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Exit Plastik: a tip: tap e.V., Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace e.V., Heinrich-Böll-Stiftung, HEJSupport e.V., Women Engage for a Common Future e.V. (WECF), Zero Waste Germany e.V. und Zero Waste Kiel e.V.
- Exit Plastik-Infoseite zum Plastikabkommen mit Tagesberichten aus Busan und Rückblicken auf die vergangenen Verhandlungsrunden: www.exit-plastik.de/plastics-treaty/
- Aktuelle Insights auch auf Social Media: @exitplastik auf X, Instagram & LinkedIn
- Analyse zu den Verhandlungen von Bündnis-Mitglied HEJSupport: https://ots.de/fXt0tV
- Rückblick auf die Verhandlungen von Bündnis-Mitglied WECF: https://ots.de/wlCS0O
- Mehr über Exit Plastik: www.exit-plastik.de
Pressekontakt:
Gerne stehen wir für weitere Informationen zu den Verhandlungen bereit. Der Kontakt zu den an den Verhandlungen teilnehmenden Bündnis-Mitgliedern kann jederzeit hergestellt werden.
Bündnis Exit Plastik: Carla Wichmann (Koordinatorin), E-Mail: carla.wichmann@exit-plastik.de