Sigmar Gabriel, Vorsitzender der Atlantik-Brücke und früherer Chef der SPD, hat nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl der Bundesregierung vorgeworfen, es in den vergangenen Jahren versäumt zu haben, den Einfluss Europas zu vergrößern. „Der eigentliche Fehler der jetzigen Regierung besteht darin, dass sie nicht viel dafür getan hat, dass Europa wirklich stärker wird. Im Gegenteil: Das deutsch-französische Verhältnis liegt am Boden und wir haben kein europäisches Zentrum mehr“, erklärte Gabriel im Fernsehsender phoenix. Deutschland trage eine „große Mitverantwortung“ dafür, dass es kein Vorankommen gebe, weil man französische Initiativen nur halbherzig beantwortet habe. „Wenn wir den Schuss jetzt nicht gehört haben, werden wir endgültig zur Provinz in der Weltpolitik. Dann wird man unsere Kinder und Enkel rumschubsen, weil wir in der Welt dann nicht mehr viel zu sagen haben werden“, war Gabriel überzeugt. Deutschland habe etwa den Vorschlag des französischen Präsidenten Macron nicht aufgegriffen, der eine Verstärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit angemahnt hatte. „Was falsch ist, dass Deutschland da den Bremser spielt. Wenn die Russen erst an der polnischen Grenze stehen, ist es zu spät.“
Das Ergebnis der Wahlen in den USA komme für ihn nicht völlig überraschend. Kamala Harris habe mit steigenden Lebenshaltungskosten und der Situation umgehen müssen, dass die USA mittelbar mit zwei Kriegen konfrontiert seien. Trump habe dies alles ausgenutzt und die Menschen „gnadenlos aufgehetzt“. Dass allerdings die Demokraten in vielen städtischen Gebieten Stimmen eingebüßt hätten, sei nicht zu erwarten gewesen. „Das zeigt, dass die Demokraten ziemlich abgehoben sind von ihrer früheren Wählerbasis“, meinte Gabriel. In Zukunft werde sich die innere Spaltung in den USA weiter verstärken. „Wenn wir etwas lernen sollten in Deutschland, dass wir eine solche politische Kultur möglichst nie einkehren lassen, obwohl wir schon zwei politische Parteien haben, die auf diesem Ticket versuchen, Politik zu machen: die AfD und das BSW“, meinte Gabriel. Trump werde seiner Meinung nach Menschen nicht zusammenbringen, sondern weiter spalten. „Er wird wahrscheinlich die Spaltung der Welt weiter vorantreiben. Das ist das eigentlich Gefährliche.“
Auch zur deutschen Innenpolitik äußerte sich der frühere SPD-Vorsitzende und sah in den Ampel-intern umstrittenen Vorschlägen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) zur Neuorientierung der Wirtschaftspolitik durchaus diskussionswürdige Inhalte. „In dem Papier von Herrn Lindner ist nicht alles richtig, aber da sind auch kluge Vorschläge drin, wie man die Fesseln der deutschen Wirtschaft löst, um endlich wieder wirtschaftlich erfolgreicher zu sein. Ich hoffe, dass die drei Parteien ideologiefrei darüber reden.“
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