Auto-Ökonom Stefan Bratzel hat vor dem Aus der geplanten Akku-Gigafabrik in Schleswig-Holstein gewarnt. „Es besteht ein sehr berechtigter Grund zur Sorge, dass das Northvolt-Batteriewerk in Heide nicht kommen wird“, sagte Bratzel mit Blick auf die Schieflage des schwedischen Mutterkonzerns im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). Die Fortschritte bei den Northvolt-Akkus für E-Autos seien „leider deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben“, das notwendige Know-how, um wettbewerbsfähige Batteriezellen herzustellen, und das notwendige Tempo „sind im Fall von Northvolt noch lange nicht ausreichend.“
Die Kunden, also die Autobauer, stünden selbst unter hartem Kostendruck. „Und wenn die Ausschussquoten von Northvolt zu hoch sind, wird das sehr schwer“, die Akkus zu verkaufen, sagte der Gründer und Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach und fügte hinzu: „Das Gleiche gilt übrigens für den Batteriezellhersteller PowerCo in Salzgitter.“
Obwohl die Hersteller für die Schwierigkeiten verantwortlich seien, müsse die Politik unbedingt unterstützen. „Es ist absolut notwendig, dass in Deutschland und Europa Akkus für Elektroautos hergestellt werden und sich Produzenten entwickeln können. Wir dürfen das Feld nicht den Chinesen überlassen“, sagte Bratzel. „Die Herausforderung ist gewaltig, aber wir müssen uns ihr stellen, denn wenn wir die Abhängigkeit von China nicht reduzieren, gibt es keine Zukunft für Deutschlands und Europas Autoindustrie. Deswegen muss Northvolt im Notfall gerettet werden.“
Der Auto-Ökonom sieht die Ampel in der Mitverantwortung. „Dass die Bundesregierung die Mittel für die Batteriezellforschung kürzt, ist gefährlich. Stattdessen braucht es einen Deutschland-Pakt mit Geld vom Staat und Kooperation aller Akteure: Akkuhersteller, Autobauer, Zulieferer und Gewerkschaften. Und zwar einen stabilen Pakt, der nicht nach der nächsten Wahl wieder infrage gestellt wird“, forderte der Wissenschaftler. Dass der Autogipfel bei Kanzler Olaf Scholz nicht schon vor einem Jahr einen solchen Pakt auf den Weg gebracht habe, räche sich jetzt: „Die Krise bei VW und bei Northvolt waren damals schon abzusehen, Mercedes und BMW werden folgen. Vor einem Jahr wäre es noch viel einfacher gewesen, gegenzusteuern. Es grenzt schon fast an Bräsigkeit, einfach nicht zu handeln.“
Neben Unterstützung für die Batterieproduktion brauche es auch neue Kaufanreize für E-Autos, so Bratzel. Das Streichen der Prämie vor zehn Monaten sei „das völlig falsche Signal an die Verbraucher“ gewesen. „Jetzt braucht es unbedingt neue Kaufzuschüsse für heimische Strom-Fahrzeuge, um das zu korrigieren, allerdings nicht in der gleichen Höhe und vor allem mit einem Ausstiegspfad“, sagte der Experte. „Der Preisabstand von E-Autos zum Verbrenner muss unbedingt noch eine Weile künstlich verringert werden, aber nur für eine absehbare Zeit. Denn E-Autos werden in der Produktion automatisch preiswerter und der Markt muss nur noch einige Jahre politisch gestützt werden.“
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