Tabak verursacht in Deutschland und weltweit schwerwiegende gesundheitliche, soziale, ökonomische und ökologische Schäden. Allein in Deutschland sterben jährlich etwa 127.000 Menschen vorzeitig an den Folgen des Tabakkonsums – das entspricht 13 % aller Todesfälle. Rauchen ist damit das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko und die häufigste vermeidbare Todesursache in Deutschland.
Im aktuellen Buch „Tabakkontrolle und Tobacco Harm Reduction“ beschäftigen sich daher führende Expert:innen mit den neusten Erkenntnissen zu den effektivsten Methoden zur Senkung der Raucher:innenquote. Dabei blicken sie u.a. auf erfolgreiche Rauchentwöhnungsbiographien, England als Vorbild funktionierender Tabakpolitik und Gesundheitliche Folgen des Co-Konsums von Tabak und Cannabis und notwendige Maßnahmen zur Reduzierung der Risiken.
Angesichts der hohen Raucher:innenzahlen hat sich die Bundesregierung ambitionierte Ziele gesetzt. Unklar bleibt jedoch, wie sie diese Ziele erreichen will. Der gegenwärtige Anteil der Raucher:innen von 28 % in der erwachsenen Bevölkerung soll bis 2040 auf 5 % gesenkt werden. Ein „Weiter-So“ mit Schwerpunkt auf verhaltenspräventiven Maßnahmen und Unterstützungsangeboten wird kaum in der Lage sein, diese ambitionierten Ziele zu erreichen. Damit ist das Zigarettenrauchen seit Jahrzehnten ein ungelöstes Problem der öffentlichen Gesundheit. Statt einen lebensweltnahen Ansatz unter Einsatz risikoreduzierter Alternativen wie E-Zigaretten oder Nikotinpouches offen zu diskutieren, setzt die Gesundheitspolitik zunehmend auf den „Quit or die“-Ansatz, hör auf oder stirb. Das aktuell diskutierte Aromenverbot für E-Zigarettenliquids ist nur ein Beispiel dafür, wie weniger schädliche Alternativen unattraktiv gemacht werden, statt sie als letzten Ausweg für stark abhängige Tabakraucher zu positionieren.
Prof. Dr. Stöver fasst die Erkenntnisse aus dem Buch zusammen: „Zahlreiche Forschungsergebnisse deuten mittlerweile darauf hin, dass beim Konsum nicht-brennbarer Alternativen wie der E-Zigarette 95 Prozent weniger Schadstoffe aufgenommen werden und damit die Erfolgsquote beim Rauchausstieg verdoppelt werden kann. Statt sich nur auf den sogenannten „Quit or die“-Ansatz zu fokussieren, sollte der Fokus auf einer Diversifizierung von Rauchentwöhnungsstrategien liegen. Das heißt auch, dass jedes Mittel genutzt werden muss, wenn es Menschen nachweislich hilft, von der Zigarette loszukommen.“
Beiträge gibt es in dem Buch u.a. zu folgenden Themen:
- Tobacco Harm Reduction – Ein Ausweg aus der Entscheidung „Quit or Die“ – Larissa Steimle, Heino Stöver (Institut für Suchtforschung, Frankfurt University of Applied Sciences)
- England und die Umsetzung von Tobacco Harm Reduction: Kontrolle des Tabakkonsums im Vereinigten Königreich – Leonie Brose (King’s College London)
- Eine persönliche Ausstiegsgeschichte und wie Öffentlichkeit und Politik diese kritisierten: „Ärzte hassen diesen Trick“ – Julian Aé (Journalist)
- Tobacco Harm Reduction mit drogengebrauchenden Menschen. Ein Praxisbericht aus zwei Einrichtungen der vista gGmbH (Berlin) – Stefan Wiedemann, Alina Bialetzki, Hendrik Iding (vista gGmbH)
- Unterschiedliche Auswirkungen von Verbrennungsrauch und Nikotin auf die Gefäßwand – Relevanz für die Einschätzung des kardiovaskulären Risikos – Knut Kröger (Chefarzt der Klinik für Angiologie. Helios Klinikum Krefeld), Martin Storck (Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie des Städtischen Klinikums Karlsruhe)
- Nichtraucherschutz und Rauchentwöhnung am Arbeitsplatz – Dr. med. Natascha Behrens, Prof. Dr. med. Axel Telzerow (Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V)
- Gesundheitliche Folgen des Co-Konsums von Tabak und Cannabis und notwendige Maßnahmen zur Reduzierung der Risiken – Christina Rummel (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.)
„Um die gesundheitlichen Risiken des Rauchens zu minimieren, müssen die deutschen Gesundheitsbehörden deutlich kommunizieren, dass E-Zigaretten, Tabakerhitzer und tabakfreie Nikotinprodukte zwar nicht harmlos sind, aber eine weniger schädliche Alternative zum Weiterrauchen darstellen, wenn anders der Verzicht auf die weitaus gefährlichere Tabakzigarette nicht gelingt.“, betont Prof. Dr. Stöver. Für die Bundesregierung sei jetzt die Notwendigkeit zum Umdenken in der Tabakkontrollpolitik drängender denn je, resümiert der Suchtforscher.
Presse- und Interviewanfragen an die Autor:innen des Buches können gerne über heino.stoever@fb4.fra-uas.de gestellt werden.
Kostenlose Presseexemplare des Buches können unter heino.stoever@fb4.fra-uas.de angefragt werden.
Zum ISFF:
Das Institut für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt University of Applied Sciences wurde 1997 ins Leben gerufen von Prof. Dr. Volker Happel, Prof. Dr. Dieter Henkel und Prof. Dr. Irmgard Vogt. Es sieht seine Aufgabe darin, Sucht in ihren verschiedenen Erscheinungsformen sowie die mit Sucht in Zusammenhang stehenden Probleme und Aspekte zu erforschen. Das Institut fördert den Ausbau von interdisziplinären Beziehungen zu Kooperationspartnern auf regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Forschungsprozesse und -resultate sollen in Lehre und Studium Berücksichtigung finden und nutzbar gemacht werden.
Pressekontakt:
Frankfurt University of Applied Sciences
Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit
Institut für Suchtforschung in Frankfurt (ISFF)
Prof. Dr. Heino Stöver
Telefon: +49 69 1533-2823 und mobil: +49 162 133 45 33
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