Die bevorstehende Laborreform 2025 bedeutet einen der größten Einschnitte seit vielen Jahren für die fachärztlichen Labore und alle ärztlichen Fachgruppen, die ihrerseits Laboruntersuchungen für die eigenen Patienten erbringen. Sie wird erhebliche Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben, weil diese Reform eine für die Versorgung mit Laborleistungen deutlich schlechtere Honorarsituation bewirkt, die die Existenz von medizinischen Laboren gefährdet. Der fachärztliche Berufsverband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM e.V.) setzt sich seit Monaten mit konstruktiven Lösungsvorschlägen ein, um diese negativen Folgen abzuwenden und somit die für Patientinnen und Patienten sowie die zuweisenden Arztpraxen aus dem haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich zeitgerechte Versorgung mit ärztlicher Labordiagnostik flächendeckend und wohnortnah aufrechtzuerhalten. Unterstützt wird die Initiative des ALM e.V. vom Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie (BÄMI e.V.) sowie weiteren ärztlichen Fachrichtungen, Patientinnen und Patienten und auch der IVD-Industrie, wie der gemeinsame offene Brief von ALM e.V. und BÄMI e.V. mit bereits mehreren tausend Unterschriften zur Unterstützung belegt.
Die Kritik der Verbände und Labormitarbeitenden sowie Unterstützer richtet sich gegen einen systematischen Abzug von Mitteln für eine bedarfsgerechte und bestmögliche medizinische Labordiagnostik hin in andere Bereiche, der aus der innerärztlichen Debatte um die Verteilung der von den Krankenkassen für die ambulante vertragsärztliche Versorgung bereitgestellten Finanzmittel herrührt. Vielerorts ist spürbar, dass durch die Verlagerung von zunehmend mehr Diagnostik und Behandlung vom stationären in den ambulanten Bereich zwar mehr Leistungsbedarf entsteht, die dafür im stationären Bereich erhaltenen Finanzmittel jedoch nicht mit übertragen werden. Die interdisziplinär auf Bundesebene erarbeiteten diagnostischen Empfehlungen zur Verbesserung der Indikationsstellung von Labor sind ein weiterer wichtiger Ansatz, sinnvolle Labordiagnostik mit entsprechender Indikationsqualität sachgerecht verfügbar zu machen.
Da trotz verschiedener Gespräche der Verbände ALM e.V. und BÄMI e.V. mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den regionalen KVen bisher nicht erkennbar ist, dass die Beschlüsse der Selbstverwaltung im Sinne einer bedarfs- und patientengerechten Versorgung angepasst und verbessert werden, trafen sich Vertreterinnen und Vertreter der niedergelassenen Labore zu einer Krisensitzung, um über Konsequenzen und Handlungsoptionen zu diskutieren. Der offene Brief der Mitglieder im fachärztlichen Berufsverband ALM e.V. und im Berufsverband BÄMI e.V. von Ende Juli, in dem beide Ihre große Sorge über die Beschlussfassung des Bewertungsausschusses (709. Sitzung, 19.04.2024) und die Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gemäß § 87b Abs. 4 SGB V zur Honorarverteilung äußerten, erfährt somit weiterhin zunehmende Unterstützung durch zahlreiche Einzelpersonen aus der Patientenversorgung und von Patientenvertretungen selbst.
Dr. Michael Müller (erster Vorsitzender des ALM e.V.) betonte: „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum diese Reform ohne einen äußeren Anlass gegen den Willen, die Bedenken und auch die konstruktiven Vorschläge von uns jetzt quasi um jeden Preis durchgedrückt wird, und das letztlich auf dem Rücken von Patientinnen und Patienten. Der absehbare systematische Abzug von Finanzmitteln aus dem Labor hin in andere Bereiche berührt empfindlich das auch auf Fairness und Gerechtigkeit ausgelegte System der Honorarverteilung.“
Prof. Dr. Jan Kramer (stellvertretender Vorsitzender ALM e.V.) führte aus: „In den letzten 15 Jahren wurden bereits fast 30 Prozent Honorar aus der Laborvergütung für die Laborleistungen bei gesetzlich krankenversicherten Patientinnen und Patienten entzogen. Jetzt werden unsere originären Laboruntersuchungen um weitere gut 10 Prozent abgewertet. Die Kassenärztlichen Vereinigungen wollen zusätzlich die Absenkung der Mindesterstattungsquote von jetzt bereits nur 89 Prozent auf 85 Prozent. Auf der anderen Seite sind die Kosten in den medizinischen Laboren, was wir der KBV nachgewiesen haben, in den Jahren 2017 bis 2021 um 19 Prozent und 2022 bis heute um weitere 15 Prozent gestiegen. Zahlreiche Laboranalysen, die in der Patientenversorgung unverzichtbar sind, sind somit nicht mehr kostendeckend durchführbar. Die Labore müssen auf die Leistungen, z. B. auch in der Früherkennung von Erkrankungen, draufzahlen. Die medizinischen Labore sind dadurch wirtschaftlich in ihrer Existenz bedroht und flächendeckende Patientenversorgung mit Labor wird gefährdet. Es wird aus Kostengründen zu Einschränkungen in der Probenabholung aus Arztpraxen kommen sowie die Frequenz der Durchführung von Analysen durch Zusammenfassung von Analytik verlängert werden. Dies wird medizinische Versorgungsprozesse zeitlich einschränken und unnötigerweise an anderen Stellen Kosten verursachen. Es ist mir unbegreiflich, wie die Entscheider bei KBV und Kassenärztlichen Vereinigungen trotz eindringlicher Warnungen durch Berufsverbände und Fachexperten aller Verbände aus der Labordiagnostik eine sachlich nicht begründete Umverteilung von Mitteln durchzieht. Mit seit Jahren einem relativen Kostenanteil unter 3 Prozent der Gesundheitsausgaben ist medizinische Labordiagnostik in Deutschland hoch effektiv. Ohne Labormedizin kann keine Patientenversorgung stattfinden. Das ist jeder Ärztin und jedem Arzt klar. Deswegen werden wir auch von unseren zuweisenden Praxen und Patientinnen und Patienten in unserer Kritik unterstützt.“
Evangelos Kotsopoulos (Vorstandsmitglied des ALM e.V.) stellte die Frage: „Die Art und Weise, mit der diese Laborreform in die Wirtschaftlichkeit der einzelnen und unterschiedlich strukturierten Labore eingreift, ist sehr komplex. Welche Kollateralschäden ist die KBV bereit zu tolerieren? Wollen wir in Deutschland auch weiterhin in der Fläche Labore haben? Oder sollen Patienten aus strukturschwachen Regionen länger auf ihren Befund warten müssen, da solche kleinen und mittelgroßen Labore nicht mehr aufrechtzuerhalten sind? Was ist hier der akzeptierte Kollateralschaden?“
Als stellvertretender Vorsitzender des BÄMI e.V. erklärte Prof. Dr. Ralf Ignatius: „Die beschlossene Absenkung der EBM-Vergütung gefährdet die flächendeckende labordiagnostische Versorgung von Infektionspatienten, da nicht kostendeckende Leistungen zunehmend nicht mehr erbracht werden können.“
Prof. Dr. Dr. Jörg Kriegsmann ging auf die Bedeutung der geplanten Reform für die Pathologie ein: „Durch eine Absenkung der Vergütung in der Pathologie wird sich der Pathologenmangel verstärken, was zu einer Verlängerung der Diagnosezeiten und zu einer Gefährdung der Gesundheit und der flächendeckenden medizinischen Versorgung führen wird.“
„Die Laborreform 2025 bedeutet einen massiven Einschnitt für die labordiagnostische Versorgung. Es ist keine reine Honorarreform, sondern ein massiver Einschnitt, der erhebliche Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben wird, sofern diese am 1. Januar 2025 so in Kraft treten sollte. Wir appellieren daher an die Selbstverwaltung die bisher geplante Reform auszusetzen und stattdessen eine patienten- und versorgungsorientierte Reform umzusetzen, für die wir als ALM e.V. bereits Vorschläge unterbreitet haben“, so Dr. Michael Müller abschließend.
Weitere Informationen zur geplanten Laborreform 2025 finden Sie auf unserer Themenseite. Den offenen Brief des ALM e.V. sowie des BÄMI finden Sie hier. Weiterführende Informationen zur Versorgungsleistung der fachärztlichen Laborstrukturen finden Sie auf unserer neuen Themenseite „Wir versorgen Deutschland mit Labor – unsere Beispiele aus der Praxis zeigen das“ sowie Fallbeispiele in unserer digitalen Sonderausgabe von „Labor erleben“.
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