Obwohl fast alle französischen Unternehmen ihren Kunden Zahlungsfristen anbieten, klagen 85 Prozent über Zahlungsverzögerungen. Die sinkende Zahlungsmoral spiegelt sich auch in den steigenden Insolvenzzahlen wider, die sich auf einem deutlich höheren Niveau als vor der Corona-Pandemie stabilisiert haben. Das sind Erkenntnisse einer Befragung des Kreditversicherers Coface zu Zahlungserfahrungen französischer Unternehmen.
In Frankreich ist es nach wie vor üblich, dass Unternehmen ihren Kunden ein Zahlungsziel, also einen Lieferantenkredit, einräumen. Unabhängig von Branche und Größe des Unternehmens bieten wie bereits im vergangenen Jahr 97 Prozent ihren Kunden Zahlungsfristen an. Die durchschnittliche Frist steigt von 48 Tagen im Vorjahr auf 51 Tage im Jahr 2024. Mit Blick auf die Unternehmensgröße wird deutlich, dass Kleinstunternehmen mit 44 Tagen deutlich kürzere Zahlungsfristen anbieten als kleine und mittlere Unternehmen[1] (KMU) mit 53 Tagen oder größere Unternehmen, die im Schnitt einen Lieferantenkredit von 60 Tagen einräumen. „Dieser Unterschied lässt sich mit der allgemein angespannten Liquiditätslage von Kleinstunternehmen erklären. Dadurch können sie bei den Zahlungsfristen nicht so flexibel agieren wie größere Firmen“, sagt Coface-Volkswirt Bruno de Moura Fernandes.
Zahlungsverzug: Kleinstunternehmen warten länger als große Firmen
Mit Blick auf die Zahlungsmoral der eigenen Kunden hat sich die Situation für französische Unternehmen 2024 weiter verschlechtert: 85 Prozent der befragten Unternehmen haben im laufenden Jahr Zahlungsverzögerungen erlebt, gegenüber 82 Prozent im Jahr 2023. Außerdem gibt die Mehrheit an, dass die Verzögerungen 2024 sowohl länger als auch zahlreicher auftreten als noch im Vorjahr. Zum Vergleich: In Polen berichteten zuletzt 49 Prozent, in Deutschland 78 Prozent und in China 62 Prozent der befragten Unternehmen von verspäteten Zahlungen. Der durchschnittliche Zahlungsverzug hat sich für französische Unternehmen im Vergleich zum letzten Jahr von 38 auf 40 Tage erhöht. Hierbei spielt die Größe des Unternehmens eine wichtige Rolle: Während von Zahlungsverzug betroffene Kleinstunternehmen im Schnitt 45 Tage länger auf ihr Geld warten müssen, sind es bei größeren Unternehmen mit 32 Tagen fast zwei Wochen weniger.
Fast 40.000 Pleiten von Januar bis Juli
Diese Situation bringt viele Unternehmen – unabhängig von ihrer Größe – in Bedrängnis: Etwas mehr als die Hälfte der Kleinstunternehmer geben an, dass verspätete Zahlungen einen sehr großen bzw. kritischen Einfluss auf ihre Liquiditätslage haben. Obwohl die Anfälligkeit mit steigender Unternehmensgröße abnimmt, geben 39 Prozent der KMU und 21 Prozent der größeren Unternehmen ebenfalls an, dass Zahlungsverzögerungen ihren Cashflow stark negativ beeinträchtigen. Die anhaltende Verschlechterung der Zahlungsmoral wirkt sich auf die Zahl der Unternehmensinsolvenzen aus: In den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 wurden in Frankreich 39.506 Firmenpleiten registriert – ein Plus von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 26 Prozent mehr als im selben Zeitraum vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. Besonders stark betroffen sind die Transportbranche (+40 Prozent gegenüber 2023) sowie das Baugewerbe (+35 Prozent).
Über die Umfrage
Die Coface-Studie zu Zahlungserfahrungen von Unternehmen in Frankreich wurde im Juni 2024 zum zweiten Mal durchgeführt. 640 Unternehmen aus mehr als 16 breit gefächerten Branchen nahmen an der Befragung teil.
Die gesamte Studie inkl. weiterer Grafiken zum Download: www.coface.de
[1] Als Kleinstunternehmen gelten Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu 2 Millionen Euro. Kleine und mittlere Unternehmen machen einen jährlichen Umsatz zwischen 2 und 50 Millionen Euro.
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Coface, Niederlassung in Deutschland
Sebastian Knierim – Pressesprecher –
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